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Botanik

Warum Pflanzen nicht erfrieren

Genetische Grundlagen der Frosttoleranz von Pflanzen entschlüsselt

Eingefrorene Arabidopsis-Pflanze © MPI für molekulare Pflanzenphysiologie

Ein plötzlicher Frosteinbruch kann für eine Pflanze tödlich sein. Doch geht dem Frost eine längere Kälteperiode knapp über dem Gefrierpunkt voraus, können einige Pflanzen während dieser Zeit ihre Frosttoleranz erhöhen. Grundlage dieser Anpassung sind Veränderungen der Genaktivät – welche, das haben jetzt Wissenschaftler herausgefunden.

Bisherige Untersuchungen hatten gezeigt, dass diese Akklimatisierung von komplexen Veränderungen in der Expression von Genen und Gengruppen begleitet ist. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam verglichen erstmals die Aktivität aller Gene einer Pflanze, der Ackerschmalwand, vor und nach einer solchen Kälteanpassung miteinander. Dabei stellte sich heraus, dass sich dabei die Expression bei über 2.000 Genen signifikant verändert. Dieser Vergleich legt erstmals offen, welche Prozesse in Pflanzen bei der Vorbereitung auf die Überwinterung dominieren.

Akklimatisierung normalerweise im Herbst

Frosttoleranz ist für Pflanzen in gemäßigten und kalten Klimazonen ein wichtiger Faktor, der die geographische Verbreitung einer Art entscheidend mitbestimmt. In der Landwirtschaft führen Frosteinbrüche darüber hinaus immer wieder zu katastrophalen Ernteverlusten. Doch der klassischen Pflanzenzüchtung ist es bisher nicht gelungen, die Frosttoleranz wichtiger Kulturpflanzen entscheidend zu verbessern. Dies liegt vor allem daran, dass die Frosttoleranz ein komplexes, quantitatives Merkmal von Pflanzen ist, das keinem einfachen Mendelschen Vererbungsschema folgt.

Zudem sind viele Pflanzen der gemäßigten Breiten in der Lage, während einer Akklimatisierungsphase von mehreren Tagen bis Wochen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt ihre Frosttoleranz deutlich zu erhöhen. In der Natur findet dieser Prozess im Herbst statt und bereitet die Pflanzen auf des Überleben im Winter vor.

Diese Akklimatisierungsfähigkeit ist seit langem bekannt und die ihnen zugrunde liegenden physiologischen und genetischen Mechanismen wurden vielfach untersucht. Dennoch war bisher unbekannt, wie viele und welche Gene an der Akklimatisierung einer Pflanze an niedrige Temperaturen beteiligt sind.

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Änderungen in 2.000 Genen

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie haben deshalb die Expression aller Gene von Arabidopsis thaliana, der Ackerschmalwand, mit Hilfe spezieller „Microarray“-Techniken untersucht. Diese erlauben es inzwischen, die Aktivität aller Gene eines Organismus in einer einzigen Messung zu bestimmen. Arabidopsis ist einer der wichtigsten pflanzlichen Modellorganismen und zeigt eine gute Kälteakklimatisierung. Da das Genom dieser Pflanze vollständig sequenziert ist, eignet sie sich besonders gut für Experimente, bei denen die globale Regulation der Genexpression untersucht wird.

Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass nach einer Akklimatisierung von 14 Tagen bei vier Grad Celsius sich die Expression bei mehr als 2.000 Genen signifikant veränderte. Das sind fast zehn Prozent aller untersuchten Gene. Die Zuordnung der identifizierten Gene zu funktionellen Gruppen erlaubt nun Rückschlüsse auf wichtige, bisher nicht identifizierte physiologische Anpassungsmechanismen.

Diese Informationen sind nicht nur wichtig, um die Anpassung von Pflanzen an natürliche Winterbedingungen besser zu verstehen, sondern auch, um die Frosttoleranz von Nutzpflanzen züchterisch gezielt verbessern zu können.

(MPG, 15.08.2005 – NPO)

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