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Neurobiologie

Botenstoff schützt vor Epilepsie

Gehirnnervenzellen lernen in 30 Tagen fürs ganze Leben

In den ersten 30 Lebenstagen üben Gehirnnervenzellen ihre Funktion fürs ganze Leben: Sie sind anfangs in der Lage, viele verschiedene Botenstoffe herzustellen, spielen quasi mit ihren Möglichkeiten, bis sie sich für ein bestimmtes Repertoire entscheiden. Im erwachsenen Zustand greifen sie dann im Notfall auf das früh Gelernte zurück. So können bestimmte Nervenzellen lebenslang den Botenstoff Neuropeptid Y (NPY) ausschütten, der vor Epilepsie schützt, wenn es darauf ankommt. Dies haben Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB) herausgefunden.

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In dem sehr komplexen Netzwerk der Gehirn-Nervenzellen halten sich erregende und hemmende Nervenzellen (Neurone) ständig die Balance. Ist das Gleichgewicht gestört, greift das Gehirn auf Schutzmechanismen zurück: etwa auf das Antiepileptikum NPY, wenn die Erregung der Nervenzellen gefährliche Werte erreicht.

Auch Zellen müssen lernen

Möglich ist das aber nur, wenn die Zellen kurz nach der Geburt eine kritische Periode des zellulären Lernens meistern, stellten die Forscher jetzt fest. Dabei müssen sie in einer elektrisch aktiven Umgebung wachsen, bestimmte Erfahrungen sammeln etwa mit dem Botenstoff Dopamin, der die Signalübertragung zwischen Nervenzellen ermöglicht.

Einige Moleküle – wie das Zytokin LIF – dürfen zudem nicht in zu großen Mengen vorhanden sein. Zytokine sind zuckerhaltige Eiweiße, die unter anderem das Wachstum und die Differenzierung von Zellen regulieren. Mit Hilfe von Zellkulturen gehen die Neurobiologen der Lernphase auf den Grund, indem sie die Nervenzellen unterschiedlichen Bedingungen aussetzen.

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Blick in die Zukunft

Die Wissenschaftler ermittelten, dass der Botenstoff NPY ein wirksames „Antiepileptikum“ ist, das die Erregung von Nervenzellen dämpft. In der ausgereiften gesunden Großhirnrinde gibt es zwar nur wenige NPY-Neurone, aber viele „stille Produzenten“, die in der kritischen Phase die Fähigkeit zur bedarfsgerechten Erregungshemmung von Nervenzellen erworben haben.

Dieser Schutzmechanismus könnte vielleicht einmal von medizinischem Nutzen sein: In Tiermodellen lassen sich die „stille NPY-Produzenten“ schon heute pharmakologisch aktivieren und bieten damit Schutz vor Epilepsie.

(idw – RUB, 11.08.2005 – DLO)

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