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Medizin

Kohlenmonoxid: Giftgas könnte Leben retten

Abstoßungsreaktion nach Transplantation bei Mäusen verhindert

Das Gas Kohlenmonoxid ist extrem giftig und tötet schleichend – aber es könnte sich in Zukunft auch als Lebensretter erweisen. In Versuchen an Mäusen hemmte das Giftgas die gefährliche Abstoßungsreaktion nach einer Luftröhren-Transplantation, wenn die Tiere es nach der Operation in geringer Dosis mehrere Wochen lang einatmeten.

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Sollte das Kohlenmonoxid beim Menschen ähnlich gut wirken wie an Mäusen, könnte es beispielsweise die so genannte obliterative Bronchiolitis (OB) verhindern, ein Komplikation, die bei fast 50 Prozent aller Patienten nach einer Lungentransplantation auftritt. Dabei reagiert das Immunsystem des Empfängers auf das neue Organ ab, indem sie es mit T-Zellen attackiert und letztendlich zerstört.

„Keiner weiß genau wie das passiert, aber die kleinen Atemwege in der Lunge schwellen an und werden immer enger, bis der Patient nicht mehr atmen kann“, erklärt David J. Pinsky, Professor für Innere Medizin am Kardiovaskulären Zentrum der Universität von Michigan, der die Studie leitete. „Zur Zeit gibt es keine wirksame Behandlung für OB. Wenn der Patient nicht erneut eine Lungentransplantation erhält, endet sie tödlich.“

CO bremst Entzündungsreaktion

Pinsky und seine Kollegen konzentrierten sich in ihren Forschungen auf zwei Enzyme, Hmox und iNOS, die die beiden giftigen Gase Kohlenmonoxid und Stickoxid in den Zellen produzieren. Ihre Hypothese: Das Verhältnis der beiden Enzyme und damit auch der Gase reguliert entscheidend die Entzündungs- und Abstoßungsreaktionen der Atemwege, beide agieren dabei als Gegenspieler.

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„Wir glauben, dass der Körper Hmox und Kohlenmonoxid einsetzt, um die von iNOS und Stickoxide hervorgerufene Gewebeentzündungen und –schäden zu reduzieren“, erklärt Pinsky. „Unsere Daten zeigen, dass eine lokale CO-Produktion Schutz gegen die durch iNOX hervorgerufene OB bietet. Wenn die Hmox-Expression ansteigt, reduziert sie die iNOX Expression und unterdrückt damit auch einen Schlüsselfaktor der Immunantwort.“

Test an Mäusen erfolgreich

Die Forscher testeten ihre Hypothese an zwei Mäusestämmen: Der ersten Gruppe fehlte das Gen für das Hmox-Enzym, so dass sie Kohlenmonoxid nicht synthetisieren konnten. Die zweite Gruppe produzierte ungewöhnlich große Mengen an Hmox und CO. Als die Wissenschaftler den Tieren der einen Gruppe Luftröhren der jeweils anderen Gruppe transplantierten, riefen die genetischen Unterschiede zwischen beiden Stämmen die erwarteten Abstoßungsreaktionen mit Entzündungen und Verengungen der Atemwege hervor.

Doch die Forscher konnten die kranken Tiere retten, indem sie ihnen mit 100 ppm Kohlenmonoxid angereicherte Luft zum Atmen gaben. Gleiche Wirkung erzielte auch eine Substanz, die künstlich die Produktion des Enzyms Hmox ankurbelte. „Kohlenmonoxid ist in bestimmten Dosen tödlich, aber die Tiere tolerierten die 100 ppm Konzentration für zwei Wochen ohne besondere Probleme“, so Pinsky. „Nach menschlichen Maßstäben entspricht das der Menge, die man einatmet, wenn man in Mexico City in einem Verkehrsstau steht.“

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnte Kohlenmonoxid eines Tages vielleicht in den Intensivstationen der Krankenhäuser eine gängige Behandlung darstellen. Sie betonen aber gleichzeitig, dass zuvor noch reichlich Forschungsarbeit nötig ist, um die noch offenen Frage der Dosierung und Toxizität zu klären. „Das therapeutische Fenster des Kohlenmonoxids ist sehr klein“, so Pinsky. „Kleine Mengen sind gut, aber schon ein wenig mehr kann Dich töten. Daher wird die Dosierung in zukünftigen Therapien immer eine ernste Sache sein.“

(University of Michigan Health System, 29.07.2005 – NPO)

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