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Kieselalgen feiern Jubiläum

Friedrich Hustedt-Sammlung wird 40 Jahre

Bewegliche Diatomeen der Gattungen Gyrosigma (0,1 mm lang) und Navicula sind häufig im Watt der Geeste. © Dr. R. M. Crawford /AWI

Sie sind mikroskopisch klein, haben eine äußerst harte Schale und leben bereits seit Beginn der Kreidezeit auf der Erde: die Kieselalgen. Paläontologen wissen sie als Leitfossilien zu schätzen, Klimatologen wegen ihrer Aufnahmefähigkeit von Kohlendioxid und die Wasserindustrie als biologische Filtrieranlagen. Sogar die Nanotechnologie könnte in Zukunft von den pflanzlichen Mikro-Organismen profitieren. Nun feiert eine der weltweit größten Kieselalgen-Sammlungen in Bremerhaven ihr 40jähriges Jubiläum.

Kieselalgen leben sowohl im Süßwasser als auch im Meer und sind die bedeutendsten Biomasse- und Sauerstoffproduzenten der Welt. Die mikroskopisch kleinen Einzeller wandeln durch Photosynthese das Treibhausgas Kohlendioxid in organische Substanz um und spielen damit sogar eine entscheidende Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Wenn die Einzeller sterben, bleiben die aus Kieselerde (Siliciumdioxid) bestehenden Zellwände erhalten und sinken auf den Meeresboden oder Seeboden. Der Wissenschaft liefern die Schalen fossiler Kieselalgen wertvolle Informationen über vergangene Umwelt- und Klimabedingungen und dienen als Leitfossilien zur erdgeschichtlichen Datierung von Bodenschichten.

Zu Vergleichszwecken haben Spezialisten weltweit Referenzsammlungen aller bekannten Gattungen, Arten oder Varietäten angelegt. Eine der größten ist die Privatsammlung von Friedrich Hustedt, die 1968 dem Institut für Meeresforschung in Bremerhaven übergeben wurde und heute am Alfred-Wegener-Institut angesiedelt ist. Mit rund 80.000 mikroskopischen Präparaten gehört die ständig erweiterte Kieselalgen-Sammlung zu den größten ihrer Art und wird von Wissenschaftlern aus aller Welt für Forschungszwecke genutzt. Am 01.Juli 2005 feierte der Friedrich-Hustedt-Arbeitsplatz nun sein vierzigjähriges Jubiläum.

Industrielle Nutzung

Erst unter dem Rasterlelektronenmikroskop zeigen die Diatomeen alle Details ihrer komplex gebauten Schalen. © F. Hinz (AWI)

Ein Blick durch ein Mikroskop zeigt, dass Diatomeen in außergewöhnlicher Formenvielfalt auftreten. Doch ob Linien-, Löcher- oder Rippenmuster, die äußerst stabile Zellwand ist allen gemeinsam. Wie eine zweiteilige Schachtel mit Deckel umschließt die kieselsäurehaltige Wand das Zellinnere. Aufgrund ihrer filigranen Schalenstrukturen wurden einige Arten gegen Ende des 18. Jahrhunderts sogar dazu genutzt, die Auflösungsfähigkeit von Mikroskopen zu testen.

Heute hingegen nutzt vor allem die Industrie die auch als Kieselgur bezeichneten Schalen als feine Schleifmittel oder als Filtriermittel für Wein oder Bier. Zukünftig könnte aber auch die Nanotechnologie von den lebenden Fossilien profitieren. So interessieren sich die Wissenschaftler vor allem für den Bewegungsmechanismus oder den statischen Aufbau der winzigen Schalen. Und da die Omega-3-Fettsäuren der Diatomeen das Nervensystem des Menschen stärken, forscht auch die Lebensmittelindustrie an Kieselalgen. Derzeit versuchen Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts herauszufinden, welche Gene in den Diatomeen die wertvollen Fettsäuren produzieren.

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Wie alles begann…

Dr. h.c. Friedrich Hustedt am Mikroskop © AWI

Ursprünglich geht die umfangreiche Sammlung auf ihren Namensgeber Friedrich Hustedt (1886-1968) zurück. Der Schulleiter aus Bremen forschte ein Leben lang an den Kieselalgen und beschrieb allein rund 2.000 neue Arten. Auf Antrag des damaligen Amtes für Bodenforschung, wo man die Bedeutung seiner Arbeiten für die geologische Grundlagenforschung erkannt hatte, wurde Hustedt 1939 vom Schuldienst freigestellt und konnte sich ganz der Forschung widmen. Viele von Hustedts frühen Arbeiten beschäftigen sich mit Kieselalgen der Weser von Bremen bis Bremerhaven. 1955 publizierte er eine Studie über die Vielfalt der Kieselalgen anhand von Strandproben aus Beaufort, North Carolina, USA. Die weltweite Bedeutung der Diatomeen wird aus der Vielzahl der Arten ersichtlich, die sowohl hier als auch in den USA gefunden wurden. Mit der Zeit wurde die Sammlung immer umfangreicher; keine andere Person auf der Welt hat so viele Kieselalgen archiviert wie Hustedt.

Seit drei Jahren werden am Friedrich-Hustedt-Arbeitsplatz fuer Diatomeenkunde die Angaben über Arten und Fundorten in eine elektronische Datenbank eingegeben, mit deren Hilfe Spezialisten aus aller Welt diese Informationen über das Internet schnell abrufen können:

Link: Friedrich-Hustedt-Arbeitsplatz fuer Diatomeenkunde

(AWI, 19.07.2005 – AHE)

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