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Biologie

Ein „Wald“ aus Röhrenwürmern in der Tiefsee

Methan-Oasen am Meeresboden vor Costa Rica entdeckt

„Wald“ aus Röhrenwürmern © WHOI/SFB574

Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam hat vor Costa Rica eine Methanquelle am Meeresboden entdeckt, die einen Quell des Lebens darstellt. Neben einem dichten, weißen Bakterienrasen oder Muscheln ist dort auch ein riesiger „Wald“ aus Röhrenwürmern zu finden.

Am pazifischen Kontinentalrand vor Zentralamerika tritt Methan aus dem Erdinneren an submarinen Kuppen und Hangrutschungen aus. Anders als auf dem Land und in der lichtdurchfluteten Zone des Meeres, wo das Leben von der Sonne abhängig ist, bildet hier Methan die entscheidende Lebensgrundlage. Erstmals konnten Meereswissenschaftler nun eine solche Methanquelle direkt mit dem amerikanischen Tiefsee-Tauchboot ALVIN im Detail untersuchen.

Die größte Überraschung war die Entdeckung eines „Waldes“ von Röhrenwürmern, die einen untermeerischen Steilhang besiedeln und deren Wohnröhren bis zu 1,5 Metern aus dem felsigen Untergrund herausragen. Die Röhrenwürmer bedecken dabei ein Areal von der Größe zweier Fußballfelder – eine der dichtesten und größten Ansammlungen dieser Tiere weltweit. Die Würmer nutzen das beim Abbau von Methan frei werdende Sulfid als Energiequelle.

Warner Brückmann vom Leibniz- Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel, hatte damit nicht gerechnet: „Wir kennen diese Röhrenwürmer aus verschiedenen kleinen Vorkommen in unserem Arbeitsgebiet und aus anderen Bereichen, zum Beispiel von Mittelozeanischen Rücken. In so großer Anzahl und Dichte haben wir sie aber bislang noch nirgendwo beobachtet.“

Tiefseegraben als Nahtstelle zwischen Ozean und Kontinent

Lage der Methan-Oasen © WHOI/SFB574

Der Tiefseegraben vor Mittelamerika bildet die Nahtstelle zwischen Ozean und Kontinent, an der große Mengen wasserreicher Sedimente unter die Festlandsplatte geschoben werden. Auf dem Weg in immer größere Tiefe entstehen mit dem Gas Methan angereicherte Fluide, die unter der Last des Kontinents aus den Sedimenten ausgedrückt werden und durch kilometertief hinabreichende Risse ihren Weg zurück an den Meeresboden finden. Bei diesem Aufstieg reißen die unter hohem Druck stehenden Fluide die umgebenden Sedimente mit sich und häufen diese am Meeresboden auf – so bilden sich Schlammvulkane am unterseeischen Kontinentalhang in einer Tiefe von etwa 1.000 Metern.

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Das in den Fluiden gelöste Methan wird von spezialisierten Mikroorganismen unter Sauerstoffausschluss mit Sulfat zu Kohlendioxid und Sulfid umgesetzt. Letzteres bildet die Basis für ein artenreiches Ökosystem von fadenförmigen Bakterien sowie spezialisierten Muscheln. So wie in der uns vertrauten Welt Pflanzen die Nahrungsgrundlage für Tiere und Menschen bilden, so sind es an den Methanquellen diese Mikroorganismen. Vergleichbar einer Wiese mit grasenden Kühen, konnten erstmals Tiefseekrebse beobachtet werden, die diesen dichten Bakterienrasen abweideten. Im Gegensatz zu dem umliegenden, wüstenhaft erscheinenden Meeresboden sind die Methanquellen also eine Oase des Lebens.

Große Bedeutung für die Biowissenschaften

Die hier lebenden Organismen sind für die angewandten Biowissenschaften ebenfalls von großer Bedeutung. Man kann Erkenntnisse erwarten, die sich in verschiedenen Bereichen der Biotechnologie nutzen lassen, beispielsweise für medizinische Wirkstoffe aber auch als biologische Katalysatoren für chemische Prozesse. Hier wird die Brücke zum Forschungsschwerpunkt Biowissenschaften der Landesuniversität geschlagen. Die Vernetzung mit den Meereswissenschaften eröffnet neue Horizonte.

Sonderforschungsbereich Volatile und Fluide in Subduktionszonen

Die 10-tägige Expedition gehört in den Rahmen des Sonderforschungsbereiches „Volatile und Fluide in Subduktionszonen“ (SFB 574), der Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften verbindet. Auf deutscher Seite wurde der Geologe Brückmann begleitet von der Kieler Geochemikerin Ulrike Schacht und Helge Niemann, einem Biologen am Max- Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. Die US- amerikanischen Partner kamen vom Scripps Institut für Ozeanographie, San Diego, und der Universität Hawaii.

Der Sonderforschungsbereich 574 wurde im Jahr 2000 eingerichtet. Kieler Forscher von Universität und Leibniz-Institut für Meereswissenschaften erkunden die geologischen Prozesse an Kontinentalrändern. In den so genannten Subduktionszonen, an denen sich die tektonischen Platten übereinander schieben, entstehen die stärksten Erdbeben und Vulkanausbrüche. Der Stoffaustausch der hier stattfindet, ist ein wichtiger Regelfaktor für das globale Klima. Methanquellen gehören zu einem der Hauptmerkmale der Subduktionszonen.

(idw – Universität zu Kiel, 28.06.2005 – DLO)

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