Es ist ein mächtiges Element, das den Menschen schon immer fasziniert hat. Wer allerdings glaubt, dass Wissenschaftler das Feuer längst vollständig begriffen haben, der irrt. Ein internationales Forscher-Team hat jetzt bei Verbrennungsvorgängen chemische Verbindungen aufgespürt, die hier bislang unentdeckt geblieben waren.
{1l}
Enol-Verbindungen entstehen als Zwischenstadium bei der Kohlenwasserstoff-Oxidation. Allerdings sind sie weniger stabil als ihre chemischen Zwillingsgeschwister, die Aldehyde, die gleiche Summenformeln und somit gleiche Massen, aber unterschiedliche Struktur besitzen. Daher entzogen sie sich bislang dem Nachweis in der Flammenanalyse.
Wie die Forscher um Chemieprofessorin Katharina Kohse-Höinghaus und Tina Kasper von der Universität Bielefeld im Wissenschaftsmagazin „Science“ berichten, wurden Enol-Verbindungen mit einem Verfahren entdeckt, das in der reagierenden Flammenzone nicht nur die Massen von chemischen Verbindungen erkennt, sondern auch die Zwillinge (so genannte Isomere) voneinander unterscheiden kann.
Hubble- Teleskop der Massenspektrometrie im Einsatz
Mit kurzwelligem, intensivem Licht werden dabei aus den chemischen Verbindungen geladene Teilchen erzeugt, die in einem Massenspektrometer analysiert werden. Zwei Isomere – zum Beispiel Acetaldehyd und Ethenol – unterscheiden sich dabei in der Energie, die für die Bildung der Ionen nötig ist.
Die Entdeckung wurde möglich durch die Kopplung eines sehr genauen Massenspektrometers mit der Advanced Light Source am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien, einer Lichtquelle durchstimmbarer Energie, die etwa 100.000 Mal heller ist als die Sonne. Diese Anlage ist seit etwa einem Jahr in Betrieb und wurde bereits als das ‚Hubble- Teleskop der Massenspektrometrie‘ bezeichnet, erklärte ein Sprecher der Forschergruppe.
Obwohl die Enole seit langem bekannt sind, bedeutet ihre Entdeckung in Flammen eine Überraschung – in keinem der heute für das Design neuer, schadstoffarmer Motoren und Verbrennungsanlagen benutzten chemischen Modelle wird diese Verbindungsklasse berücksichtigt. Noch ist die Tragweite dieser Entdeckung für die Vorhersage von Verbrennungsprodukten und Schadstoffen nicht abzuschätzen; bisherige Verbrennungsmodelle müssen jedoch in jedem Fall überarbeitet und verfeinert werden.
(idw – Universität Bielefeld, 24.05.2005 – DLO)