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Umwelt

Algen am Baum zeigen Feinstaub

Biofilm-Messmethode könnte bisherige Verfahren ergänzen

Baumstamm © IMSI MasterClips

Ein grüner Bewuchs am Stamm eines Baumes – der Biofilm – zeigt, aus welcher Himmelsrichtung am häufigsten der Regen kommt. Botaniker der Universität Leipzig nehmen die winzigen Pflanzen jedoch aus einem anderen Grunde unter die Lupe: Sie haben entdeckt, dass das Grün besonders dort stark gedeiht, wo die Luft feinstaubgeschwängert ist. Ein neues Messverfahren bietet sich an.

Die Rinde kann von vielerlei Dingen überzogen sein: Flechten, Pilze, Moose oder Algen. Letztere haben gegenüber ihren Stamm-Mitbewohnern die Eigenart, durch besonders intensives Wachstum die Präsenz von Feinstaub in der Umgebung anzuzeigen. Das liegt daran, dass diese winzigen luftgetragenen Partikel nicht von vornherein ausschließlich schädliche Stoffe sind, sondern beispielsweise auch Mineralien, welche die Algen sozusagen düngen.

Algenmenge und –arten verraten Staubpräsenz

Am Institut für Biologie der Universität Leipzig, ging man der Frage nach, welche Aussagen zur Entwicklung der Algen aus dem Biofilm eines Baumes zu gewinnen sind. „Es ist bereits sicher“, so Katharina Freystein, die ihre Diplomarbeit zum Thema schreibt, „dass wir anhand der Algenpräsenz mehr oder weniger belastete Standorte voneinander unterscheiden können. Informationen bekommen wir nicht nur aus der Masse, sondern auch aus der Vielfalt der Algen-Arten und insbesondere deren spezifischer Zusammensetzung.“

„Der Vergleich mit herkömmlichen Feinstaubmessungen des Umweltamtes belegt die Richtigkeit dieses Ansatzes“, ergänzt Professor Werner Reißer. „Genau dort, wo die Messgeräte die höchsten Mengen messen, finden wir die größte Zahl von Algenarten. Am Leipziger Bahnhof wurden 50 Mikrogramm Feinstaub im Kubikmeter Luft gefunden und 22 Algenarten an den Bäumen, auf dem Collmberg bei Oschatz etwa 18 Mikrogramm und zehn Algenarten.“

Ergänzung zu aufwändigen bisherigen Methoden

Solch ein Bio-Messverfahren macht dennoch die bisherigen physikalischen und chemischen Methoden nicht überflüssig, denn nur die Untersuchungen mit speziellen Messgeräten können bislang Aussagen zur elementaren Zusammensetzung, zur Quelle und zur Häufigkeit der einzelnen Feinstaub-Partikel treffen. Doch die Messung mit den Geräten ist aufwändig: Dazu müssen die Umweltforscher mit ihrer Ausrüstung an den Ort gehen, wo die Staubkonsistenz erfasst werden soll. Schon am Ort der Messung muss das Objekt der Messung dann so präpariert werden, dass es später unverändert unter das Mikroskop gelegt oder chemisch untersucht werden kann. Für chemische Untersuchungen werden größere Luftmengen durch Impaktoren, die ähneln riesigen Staubsaugern, gesogen.

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Verglichen mit diesem Aufwand hat das Bio-Messverfahren per Alge enorme Vorteile: Während die Messung mittels Gerät nur einen bestimmten, unter Umständen von Wetterlage oder Verkehrsgeschehen stark verzerrten Augenblick festhält, kann der Algenbewuchs von der Feinstaubentwicklung mehrerer Monate oder gar Jahre „erzählen“. Kurzzeitige Extremwerte werden nicht hervorgehoben und eventuell überbewertet. Außerdem ist die Untersuchung des Algenbewuchses eine vergleichsweise schnelle und kostengünstige Methode, mit der ohne lange Vorbereitung an nahezu jedem Ort gemessen werden kann.

Die Zukunft könnte daher nach Ansicht der Forscherin in der Kombination beider Verfahren liegen. So kann Algenbewuchs darauf hinweisen, wie Messgeräte positioniert werden sollten, um möglichst aussagestarke Werte zu erhalten.

Trotz all den Ergebnissen bestehen noch zahllose unbeantwortete Fragen. Bislang weiß man nur, dass die Algen die Anwesenheit von Feinstäuben anzeigen, indem sie einige von deren Bestandteilen für ihren Stoffwechsel verwenden. Doch wie genau sich diese Algen ernähren ist noch relativ unbekannt. „Darauf, dass die Algen Reifenabrieb und Rußpartikel vertilgen, darauf dürfen wir sicherlich nicht hoffen“, meint die Diplomandin. Ihre nächste Aufgabe wird es sein die Sensibilität einzelner Algenarten beim Kontakt mit bestimmten Feinstäuben zu vergleichen.

(Universität Leipzig, 13.05.2005 – NPO)

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