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Genetik

Gen-Netzwerk lässt Pflanzen wachsen

Studie: Komplexe Wechselwirkungen zwischen Erbgutbausteinen

Viele Gene regeln Pflanzenwachstum © MPI für chemische Ökologie

Max-Planck-Wissenschaftler haben an der Modellpflanze Arabidopsis thaliana gezeigt, dass das Wachstum von Pflanzen von einer Vielzahl an Genen abhängt, die jeweils einen vergleichsweise geringen Effekt haben, aber komplex miteinander wechselwirken.

Wie viele Gene die quantitativen Eigenschaften eines Organismus beeinflussen, ist eine wichtige Frage in der ganzen Biologie. Zu diesen Merkmalen gehören zum Beispiel das Wachstum und der Ertrag von Nutzpflanzen oder ihre Widerstandsfähigkeit gegen Krankheitserreger. Quantitative Eigenschaften werden nach wesentlich komplexeren Mustern vererbt als so genannte diskrete Eigenschaften, die sich nach den von Gregor Mendel vor über 100 Jahren entdeckten Regeln verhalten. Die Identifizierung und Charakterisierung von Genen, die der Vererbung quantitativer Eigenschaften zugrunde liegen, ist sowohl für die Pflanzenzüchtung als auch für die Medizin von herausragender Bedeutung.

Konventionelle Methoden zur Genkartierung mit Schwächen

Konventionelle Methoden zur Identifizierung und Kartierung jener Gene, die quantitativen Merkmalen zugrunde liegen, die so genannten „quantitative trait loci“ (QTL), haben ihre Schwächen. Diese liegen einerseits im begrenzten Auflösungsvermögen genetischer Karten, andererseits in der limitierten Menge an Stichproben, die man bei solchen Untersuchungen typischerweise einsetzt.

Zudem werden der statistischen Berechnung vergleichsweise einfache Modelle zugrunde gelegt, die die Komplexität quantitativer Eigenschaften nur unvollständig erfassen. Diese Faktoren führen dazu, dass die Zahl der einer quantitativen Eigenschaft zugrunde liegenden Gene bisher stark unterschätzt wird und man im Wesentlichen nur solche QTL identifiziert, die einen besonders starken, also sichtbaren Einfluss auf die untersuchte Eigenschaft haben.

Um diese Schwierigkeiten zu umgehen, wählten die Wissenschaftler aus der Abteilung Genetik und Evolution des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena aus dem Genom der Modellpflanze Arabidopsis thaliana zufällig einen etwa 210.000 Basenpaare großen Abschnitt, und untersuchten diesen darauf, welchen Einfluss die dort lokalisierten Gene auf das Pflanzenwachstum haben. Durch eine Serie gezielter Kreuzungen zwischen zwei verschiedenen Arabidopsis-Ökotypen konnten die Forscher diesen Genabschnitt genetisch so zerlegen, dass in jeder Kreuzung jeweils ein anderes seiner Teilstücke variierte, das dabei aber immer von genetisch identischen Bereichen flankiert wurde. Die Nachkommen dieser Kreuzungen wurden dann auf ihre Wachstumsrate untersucht, in Versuchsreihen mit insgesamt mehr als 7.000 Pflanzen.

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Hunderte von Genen mit Einfluss auf Pflanzenwachstum

Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler zeigen, dass sich allein in diesem vergleichsweise kleinen Bereich des Genoms bereits zwei QTL befinden, die das Wachstum der Versuchspflanzen beeinflussen. In einem Fall konnte sie sogar das verantwortliche Gen selbst identifizieren. Da die Forscher den untersuchten Genom-Abschnitt zufällig ausgewählt hatten, lässt sich schlussfolgern, dass das gesamte, etwa 130 Millionen Basenpaare große Arabidopsis-Genom Hunderte von Genen enthalten muss, die einen Einfluss auf das Pflanzenwachstum haben.

In den Studien zeigte sich zudem, dass die QTL mit weiteren, noch unbekannten, Genen in anderen Bereichen des Genoms, dem sogenannten „genetischen Hintergrund“, interagierten: Je nach Kombination zwischen Genvariante und genetischem Hintergrund trat eine Steigerung oder eine Verringerung der Wachstumsrate ein. Insgesamt belegen die Untersuchungen von Jürgen Kroymann und Thomas Mitchell-Olds eine bislang kaum dokumentierte Komplexität in der genetischen Steuerung quantitativer Eigenschaften.

Diese an der Modellpflanze Arabidopsis gewonnenen Erkenntnisse lassen sich auf Nutzpflanzen übertragen, da die meisten ihrer für die Pflanzenzüchtung wichtigen Eigenschaften quantitativer Natur sind. Demnach werden diese Eigenschaften im Wesentlichen durch sehr viele Gene bestimmt, die selbst nur einen vergleichsweise geringen Einzelbeitrag leisten. Daher, so schließen die Forscher, kommt es in der Pflanzenzüchtung weniger darauf an, auf einzelne vorteilhafte Genvarianten zu selektieren, als vielmehr die bereits vorhandene natürliche genetische Variation einer Art optimal zu kombinieren.

Die Forscher berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.

(idw – MPG, 06.05.2005 – DLO)

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