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Medizin

Transplantationen: Antikörper schuld an Spätabstoßung

Warum Nierentransplantate von Geschwistern nicht immer toleriert werden

Warum werden Spendernieren von Geschwistern mit „perfekt passendem Gewebetyp“ trotzdem häufig langfristig nach der Transplantation abgestoßen? Wissenschaftler haben jetzt eine Erklärung für dieses Phänomen gefunden.

Da die Gewebemerkmale (HLA-Antigene) bei solchen Transplantationen übereinstimmen, dürfte das Immunsystem eigentlich nicht aktiv werden und sollte das Transplantat problemlos tolerieren. Dennoch zeigt die langjährige Erfahrung, dass rund 30 Prozent der Gewebetyp-identischen Geschwister-Transplantate nach zehn Jahren durch Abstoßung verloren gegangen sind.

HLA-Antigene entlastet

Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg haben jetzt eine Erklärung dafür gefunden: Späte Abstoßungen sind eng mit dem Auftreten bestimmter Antikörper verbunden. Die Antikörper sind entweder selbst für die Abstoßungen verantwortlich oder es kommt ihnen eine Rolle als Indikator für Immunreaktionen zu, die nicht gegen die HLA-Antigene gerichtet sind, denen man bisher die entscheidende Rolle für den Transplantationserfolg zugeschrieben hat.

„Wir konnten erstmals zeigen, dass der Transplantatverlust bei diesen Geschwistern hauptsächlich immunologisch bedingt ist und nicht, wie bislang angenommen, auf anderen Faktoren beruht, zum Beispiel einer unspezifischen Gewebeschädigung (Sklerosierung), die die Nierenfunktion beeinträchtigt,“ erklärt Professor Dr. Gerhard Opelz, Ärztlicher Direktor der Abteilung Transplantationsimmunologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Die Heidelberger Studie wird morgen in der Ausgabe vom 30. April 2005 in der renommierten britischen Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht.

Antikörper als Indikator von Immunreaktionen

Die Heidelberger Wissenschaftler konnten auf ihre weltweit größte Analyse von Transplantationsdaten, die „Collaborative Transplant Study“ zurückgreifen, an der 245 Transplantationszentren teilnehmen. Es wurden Daten von rund 4.000 Nierentransplantationen zwischen HLA- identischen Geschwistern ausgewertet, von denen etwa ein Viertel ihr transplantiertes Organ durch Abstoßung verloren haben.

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Der Transplantatverlust durch Abstoßung war abhängig von der Präsenz so genannter „lympho-zytotoxischer“ Antikörper, von Proteinen, die vor der Transplantation im Serum der Patienten gemessen werden und für bestimmte Immunzellen, die Lymphozyten, toxisch sind. Bisher hatte man geglaubt, dass diese Antikörper ausschließlich mit HLA-Strukturen auf den Lymphozyten reagieren.

Zielstrukturen noch nicht bekannt

„Ein Teil dieser Antikörper muss sich gegen andere Gewebestrukturen auf den Zellen als die bekannten HLA-Antigene richten, denn HLA- identische Geschwister haben identische HLA-Antigene“, sagt Professor Opelz. Entweder induzieren die noch nicht identifizierten Antikörper selbst eine Abstoßung des Organs oder sie sind ein Indikator dafür, dass der Patient ein besonders aktives Immunsystem hat, das durch Reaktionen gegen so genannte non-HLA Antigene eine Abstoßung bewirken kann.

Das Interessante an den neuen Ergebnissen ist, dass es sich um Immunreaktionen handelt, die langfristig zu einer so genannten „chronischen“ Abstoßung erst mehrere Jahre nach der Transplantation führen, im Gegensatz zu Immunreaktionen gegen HLA, die vor allem mit frühzeitigen Abstoßungen in Verbindung gebracht werden. Während die Studie von Geschwistern den Beweis für die Existenz dieser Immunreaktionen lieferte, wurden von den Heidelberger Forschern gleichzeitig Hinweise darauf gefunden, dass Transplantationen von nicht-verwandten Spendern in ähnlichem Ausmaß von dieser neu entdeckten Immunreaktion betroffen sein müssen.

„Wir haben somit einen konkreten Anhaltspunkt dafür, dass das gefürchtete späte Transplantatversagen immunologisch bedingt ist. Daraus ergeben sich wichtige Ansätze für neue Therapiemöglichkeiten zur Verbesserung der Langzeitfunktion von Transplantationen“, erklärt Professor Opelz.

(Universitätsklinikum Heidelberg, 02.05.2005 – NPO)

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