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Geowissen

München: Feinstaubklage abgelehnt

Kein Anspruch auf verkehrsrechtliche Maßnahmen nach dem Immissionsschutzrecht

Das Verwaltungsgericht München hat gestern die Feinstaub-Eilanträge eines Anwohners der Landshuter Allee in München abgelehnt. Der Antragsteller wollte erreichen, dass die Landeshauptstadt München beziehungsweise der Freistaat Bayern Maßnahmen gegen die hohe Feinstaubbelastung, insbesondere verkehrsrechtlicher Art, einleiten. Ein solcher Anspruch besteht nach Auffassung des Gerichts nicht.

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Das Gericht betonte in seiner Urteil, dass der Anwohner „keinen Anspruch auf verkehrsrechtliche Maßnahmen nach dem Immissionsschutzrecht“ hat. Zwar sei der der maßgebliche Grenzwert an der Landshuter Allee überschritten, entsprechende Maßnahmen bedürften aber einer Regelung in einem Aktions- oder Luftreinhalteplan. Der Luftreinhalteplan enthalte jedoch keine Grundlage für verkehrsbeschränkende Regelungen. Einen Aktionsplan gebe es nicht.

Der Antragsteller – so das Gericht – habe auch keinen Anspruch auf Aufstellung eines Aktionsplans. Die Pflicht zur Aufstellung eines Aktionsplans bestehe nämlich nicht im Interesse betroffener Dritter, sondern im Allgemeininteresse.

Verkehrsbeschränkende Maßnahmen aus allgemeinen Gründen des Umweltschutzes (zim Beispiel Luftreinhaltung), so das Gericht weiter, können nicht angeordnet werden. Die Feinstaubbelastung sei ein umfassendes Problem, das sich nicht auf eine begrenzte, konkrete örtliche Verkehrssituation wie an der Landshuter Allee beschränke.

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Widersprüchliches Urteil?

Nach Meinung der deutschen Umwelthilfe (DUH) bestätigt dieses Urteil zwar das „Recht auf saubere Luft“, verneine aber Klagemöglichkeit für betroffene Bürger. DUH-Bundeschäftsführer Jürgen Resch verwies darauf, dass das Verwaltungsgericht München den Eilantrag eines betroffenen Bürgers in seinen Entscheidungen nicht in der Sache, sondern aus formalen Gründen abgelehnt habe. Resch: „Das VG München hat in seinen heutigen Entscheidungen bestätigt: Die Grenzwerte zur Luftreinhaltung sind einzuhalten und der Staat hat dafür die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.“

Nach Überzeugung von DUH-Anwalts Remo Klinger bestätigt das VG in seiner heutigen Entscheidung, dass die „Grenzwerte über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft der menschlichen Gesundheit dienen und somit subjektive Rechte von Anwohnern begründen“. Das Urteil weise aber auch auf ein Versäumnis der Bundesregierung bei der Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht hin. „Die Bundesregierung muss nun unverzüglich die bisher fehlenden und von der EU geforderten Sanktionsmöglichkeiten schaffen“, so Resch.

Das VG hatte bemängelt, dass im deutschen Recht bisher die Möglichkeit zur Durchsetzung von Bürgeransprüchen in Sachen Feinstaub fehle. Klinger: „Die Entscheidungen des Gerichts bleiben widersprüchlich. Die Auffassung, die Grenzwerte dienen dem Gesundheitsschutz der Bürger, nur könne er sie leider nicht durchsetzen, zeugt von einem veralteten Rechtsschutzverständnis und steht im Widerspruch zu Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts.“

Umweltschutzverband zieht positive Zwischenbilanz

Die DUH hatte zu Jahresbeginn angekündigt, mit Musterklagen in den fünf am stärksten belasteten Städten konkrete Maßnahmen zur Verringerung der verkehrsbedingten Feinstaubbelastungen noch in diesem Frühjahr durchzusetzen. Mit dieser Strategie hatte die DUH in vier dieser fünf Gemeinden erste Erfolge: Die Städte Düsseldorf und Dortmund haben aufgrund der Klageandrohung im März und April die geforderten Maßnahmen beschlossen und die hochbelasteten innerstädtischen Durchfahrtstraßen für Lkw-Verkehr gesperrt bzw. weitergehende Maßnahmen für Pkw beschlossen.

Gerade die Metropolen Berlin und München hätten lange geglaubt, sie könnten ihre Bürger jahrelang mit der Feinstaubbelastung allein lassen und auf konkrete Maßnahmen warten lassen. Da diese Gemeinden nicht bereit waren, von sich aus tätig zu werden, habe die DUH dort – in München gemeinsam mit dem Bund Naturschutz – entsprechende Klagen von betroffenen Bürger unterstützt. Mit Befriedigung stellen die Umweltschützer fest, dass dieser Schritt und die begleitende Berichterstattung dazu geführt hat, dass zwischenzeitlich sowohl Berlin wie auch München Verkehrsbeschränkungen für LKW beschlossen und zum Teil bereits umgesetzt haben.

Zentrales Anliegen der DUH ist und bleibt die möglichst schnelle und flächendeckende Einhaltung der Feinstaubgrenzwerte der EU in unseren Städten. Darauf zielte und zielt die Debatte der vergangenen Monate, die schon durch die Klagedrohung in mehreren Städten eine ungeheure Beschleunigung erfahren hat. Das allein sei ein nicht zu unterschätzender Erfolg für den künftigen Gesundheitsschutz, erklärte DUH-Bundeschäftsführer Jürgen Resch.

„Die Musterklagen haben alle politischen Ebenen aus einem jahrelangen Tiefschlaf gerissen. 70 bis 120 Kommunen bereiten inzwischen Aktionspläne zur Eindämmung der Feinstaubgefahr vor oder haben bereits welche erlassen. Nach zwei Jahren hinhaltender Verzögerung hat Bundesfinanzminister Hans Eichel in diesen Tagen ein Konzept zur steuerlichen Förderung von Diesel-Rußfiltern vorgelegt. Die Länder verlangen mehrheitlich ebenfalls ein Anreizsystem, dass „Diesel-Stinker“ bestraft und die Halter sauberer Dieselfahrzeuge mit Filtern entlastet“, so Resch.

(Verwaltungsgericht München, DUH, 28.04.2005 – DLO)

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