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Geowissen

Größte Eiszeit hatte geringstes Artensterben

Hintergrund niedriger Aussterberaten im späten Paläozikum erforscht

Vor rund 330 bis 290 Millionen Jahren erlebte die Erde die tiefste und längste Eiszeit ihrer Geschichte. Doch trotz der extrem harten Lebensbedingungen starben während dieser Zeit weitaus weniger Tierarten aus, als in den Perioden davor oder danach. Aber warum? Die Antwort auf diese Frage könnte nun ein amerikanischer Wissenschaftler gefunden haben.

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Matthew Powell, Forscher an der Johns Hopkins Universität, untersuchte, warum insbesondere die marine Tierwelt des Paläozoikum die Eiszeit so gut überstand. Seine Ergebnisse erscheinen in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift Geology. Der Wissenschaftler analysierte das Artensterben in einer Zeit, in die Gletscher bis auf 35 Grad weit an den Äquator vorrückten – Städte wie Buenos Aires in Argentinien oder Memphis in den USA wäre damals von kilometerdicken Eispanzern bedeckt gewesen.

Krebstiere als Untersuchungsobjekt

Powells Untersuchungsobjekt waren die Brachiopoden, einfache, schalentragende Meerestiere, die vor rund 300 Millionen Jahren in großer Zahl lebten und reichlich als Fossilien erhalten blieben. Er analysierte ihre geographische Verbreitung und Evolution und entwickelte daraus eine Datenbank der Evolutions- und Aussterbemuster während des späten Paläozoikums. “Diese Datenbank ist die erste ihrer Art überhaupt, bisher gibt es auch für andere geologische Zeitperiode keine, die die Analyse der geographischen Muster der Makroevolution erlaubt“, erklärt Powell.

Interessanterweise ergaben die Untersuchungen des Wissenschaftlers, das ausgerechnet die Brachiopoden die höchsten Aussterberaten zeigten, die vor der Eiszeit nahe des Äquators lebten – in einer der wenigen doch vermeintlich noch lebensfreundlichen Gegenden. Sie nahmen zu Beginn der Vereisung ab und erholten sich erst wieder mit dem Ende der Eiszeit.

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“Die Abwesenheit dieser speziellen Brachiopoden während der Eiszeit hat die Ozeane fast ausschließlich den Arten überlassen, die über ein weiteres geographisches Gebiet verbreitet waren“, so der Forscher. „Ich habe festgestellt, dass die ungewöhnlich niedrigen Evolutions- und Aussterberaten während des späten Paläozoikums durch den Wegfall der Arten bedingt waren, die nur in eng umgrenzten Breiten existieren konnten.“

Nach Ansicht des Wissenschaftlers wurden diese weniger toleranten Arten Opfer der extremen saisonalen Schwankungen der Temperaturen, die durch die zunehmende Präsenz der Gletscher noch verstärkt worden waren. Diese Bedingungen überlebten nur die Meerestiere, die an die starken Schwankungen von Temperatur und Meeresspiegel angepasst waren.

Rückschlüsse auf heutiges Artenssterben

„Diese Ergebnisse geben uns nicht nur einen Hinweis darauf, was vor vielen Millionen Jahren geschah, sie haben auch Bedeutung für das Verständnis der modernen marinen Ökosysteme“, erklärt Powell. „Wenn die Muster, die ich entdeckt habe, auch für die moderne Eiszeit gelten – und Untersuchungsergebnisse anderer Forscher deuten darauf hin – dann sollten die modernen Meeresbewohner relativ unempfindlich gegenüber einem Aussterben sein. Doch die Arten sterben heute in einer alarmierende Geschwindigkeit. Es könnte sein, dass die Menschen die Umwelt so stark verändert haben, dass wir jetzt das Aussterben von Arten auslösen, die eigentlich relativ immun sein sollten.“ Der Wissenschaftler fährt fort: „Obwohl es schwer zu sagen ist, welche Implikationen das im einzelnen für die Welt, in der wir leben, hat, halte ich es für bedenklich.“

(Johns Hopkins University, 26.04.2005 – NPO)

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