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Botanik

Neuer Süßstoff verhindert Karies

Süß aber kalorienfrei

Stevia-Pulver © Frank Luerweg / Universität Bonn

Das Extrakt der lateinamerikanischen Stevia-Pflanze ist 300mal süßer als Zucker und hat zudem keine Kalorien. Der Süßstoff soll zudem die Entstehung von Zahnbelag verhindern und bei regelmäßigem Verzehr den Blutdruck senken. Der süße Wirkstoff heißt Steviosid und steht auch in Deutschland kurz vor der Zulassung als Nahrungsergänzungsmittel. Wissenschaftler der Universität Bonn haben nun festgestellt, dass die Stevia-Pflanze auch problemlos auf heimischen Böden gedeiht.

Das Steviosid sitzt in den Blättern der lateinamerikanischen Stevia-Pflanze. Diese werden getrocknet und zu einem grünen Pulver zermahlen, das sich prinzipiell schon zum Süßen eignet. Damit der Kuchen nicht in einem unappetitlichen Grün schimmert, entfernt man aber in der Regel zuvor noch die Blattfarbstoffe. Dadurch verbessert sich auch der Geschmack, der dann kaum noch von dem von Zucker zu unterscheiden ist.

In Asien hat das Steviosid bereits einen Marktanteil von 75 Prozent erobert. „Dort sind aber auch einige seiner Hauptkonkurrenten verboten“, gibt Ralf Pude vom Institut für Gartenbauwissenschaft der Universität Bonn zu bedenken. In Deutschland könnte das Süßstoff-Kraut bald einen ähnlichen Siegeszug antreten – zumal der Agrarwissenschaftler zeigen konnte, dass sich Stevia rebaudiana auch auf hiesigen Äckern wohl fühlt. Allerdings erfriert die aus Paraguay stammende Arzneipflanze bei Minusgraden und muss daher jedes Jahr neu gepflanzt werden.

„In ihrer Heimat lässt sie sich mehrere Jahre hintereinander ernten“, so der Wissenschaftler, der nun kälteresistentere Arten selektieren möchte. Eine neue Mikrokulturtechnik soll zudem die Vermehrung des „Süßstoff-Krauts“ vereinfachen. Bei seinen Versuchen auf der Lehr- und Forschungsstation Klein- Altendorf der Universität machte Pude zudem eine interessante Entdeckung. „Auf den Feldern wuchsen zwischen den normalen Stevia- Pflanzen auch welche, deren Blätter ein wenig anders gefärbt waren“, erinnert er sich. „Und die waren sogar noch süßer als die Ursprungspflanzen.“

Zulassung noch in der Schwebe

Doch nicht alle sind von dem Wirkstoff Steviosid überzeugt, da der neue Süßstoff möglicherweise Gesundheitsrisiken bergen könnte. In einer Studie aus dem Jahr 1999 schien Steviosid die Fruchtbarkeit von Ratten zu beeinträchtigen. „Allerdings erst in absurd hohen Dosen“, so Pude; „ein Erwachsener müsste täglich mehr als die Hälfte seines Körpergewichts an frischen Stevia-Blättern zu sich nehmen, um auf vergleichbare Konzentrationen zu kommen – in dieser Menge wäre selbst Zucker gefährlich.“

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Realistisch sind derartige Dosen nicht: Wollte man die rund 130 Gramm Zucker, die der Durchschnittsdeutsche täglich mit der Nahrung aufnimmt, komplett durch das 300mal süßere Steviosid ersetzen, käme man auf weniger als ein halbes Gramm – ein Stückchen Würfelzucker wiegt sechsmal so viel. Dass von diesen Mengen keine Gefahr ausgeht, wird Pude zufoge im Sommer vermutlich auch die Europäische Union anerkennen: Dann soll die Substanz als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen werden.

Bislang gut dokumentiert sind die positiven Effekte von Steviosid: So senkt es bei regelmäßiger Aufnahme den Blutdruck, verhindert die Entstehung von Zahnbelag, und, vor allem: Es macht nicht dick. Auch die Langzeit-Erfahrungen sind gut. Japans Köche verleihen ihren Gerichten schon seit 25 Jahren mit Stevia-Extrakt die rechte Süße; in Paraguay „zuckerten“ Indianer damit bereits vor einem halben Jahrtausend ihren Mate-Tee – augenscheinlich ohne negative Folgen.

(Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn – idw, 20.04.2005 – AHE)

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