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Biologie

Erlahmen des Golfstroms als Planktonkiller

Unterbrechung der Meeresströmung hätte fatale Folgen für die Nahrungskette

Klimaanstieg und zunehmende Niederschläge könnten den Nordatlantikstrom in Zukunft empfindlich stören, vermuten Wissenschaftler. Forscher der Oregon State Universität haben nun in Computersimulationen festgestellt, dass eine Unterbrechung der Meeresströmung vermutlich verheerende Folgen für die Nahrungskette im Atlantik und in anderen Ozeanen hätte.

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Andreas Schmittner von der Oregon State Universität erstellte im Rahmen seiner Studie ein „was-wäre-wenn“-Szenario, um die möglichen Auswirkungen auf das marine Ökosystem mithilfe von Computerprogrammen zu kalkulieren. Im schlimmsten Fall – so die Ergebnisse der Modellrechnungen – würde die Vermehrung von Phytoplankton weltweit um 20 Prozent verringert, im Nordatlantik sogar um die Hälfte. „Phytoplankton stellt die Basis der marinen Nahrungskette dar“, sagt Schmittner. „Es beeinflusst alles vom Zooplankton bis zu größeren Fischen, die auch den Menschen als Nahrung dienen.“

Nordatlantikstrom sorgt für funktionierendes Ökosystem

Der Nordatlantikstrom ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein funktionierendes Ökosystem Meer. Er gehört zu einem globalen Transportband, das kontinuierlich große Wassermengen rund um die Erde schickt. Die oberen Wasserschichten vom Pazifik, dem indischen Ozean sowie dem arabischen Meer und dem Südatlantik strömen dabei nach Norden. Dort wird das Wasser abgekühlt, sinkt 2.000 bis 3.000 Meter in die Tiefe und fließt wieder nach Süden. Durch den Auftrieb, der durch die Vermengung des Wassers entsteht, wird ständig ein neuer Vorrat an Phytoplankton an die Oberfläche gebracht, eine reichhaltige Nahrungsquelle an der Basis der marinen Nahrungskette.

Forscher befürchten, dass sich Luft und Wasser infolge des CO2-Anstiegs erwärmen könnten und zugleich der Salzgehalt im Nordatlantik so stark abnimmt, dass das Absinken und Vermischen des Wassers zum Stillstand kommt. „Das würde nicht nur den Nordatlantikstrom unterbrechen, sondern auch das Wachstum von Phytoplankton verhindern“, erklärt Schmittner. „Normalerweise sinkt abgestorbenes Plankton auf den Meeresboden nieder und wird an der Oberfläche durch nährstoffreiches Wasser ersetzt, das die weitere Produktion von Plankton anregt.“

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Unterbrechung bereits während der Eiszeit

Die Unterbrechung des Nordatlantikstroms ist nicht nur reine Spekulation. Es gibt immer mehr Beweise, dass dies während der letzten Eiszeit 20 bis 25 Mal tatsächlich passiert ist. „Etwa 100.000 bis 20.000 Jahre vor unserer Zeit haben sich immer wieder Eisberge aus einer dicken Schicht über dem heutigen Kanada herausgelöst und sind ins Meer gestürzt. Dort sind sie geschmolzen und haben das Wasser genügend abgekühlt, um den Strom zu unterbrechen“, sagt Schmittner.

Forscher haben Steine in Sedimenten der Tiefsee gefunden, die ursprünglich vom Land stammen und mit den Eisbergen mitgerissen worden sind. Auch Untersuchungen von Eisbohrkernen in Grönland deuten darauf hin, dass es in der Vergangenheit rapide Temperaturschwankungen gegeben hat, die mit den Schwankungen der jeweiligen Nährstoff-Konzentrationen im Ozean übereinstimmen. „Eine solche Schwankung hielt 1.500 Jahre an“, sagt Schmittner. „Aber die einzelnen Übergänge gingen überraschend schnell. Oberflächen-Temperaturen in Grönland stiegen von -6,7 auf -1,1 Grad Celsius und die Wassertemperatur stieg von -12,2 auf -6,7 Grad Celsius.“

Schmittner sagt, dass die Auswirkung des Nordatlantikstroms auf den Pazifik nicht so groß ist. Allerdings würde bei einer Reduzierung auch die Produktion von Plankton in diesem Ozean zurückgehen.

(Oregon State University, 13.04.2005 – PJÖ)

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