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Physik

„Light Strings“ schützen vor Blitzen

Forscher klären Terahertz-Emission von Laserplasmen auf

Blitze © IMSI MasterClips

Ein starker, kurzer Lichtpuls genügt, und über Kilometer hinweg „brennt“ sich ein extrem schmaler Plasmakanal, ein „Light String“, durch die Atmosphäre. Ein solches Plasma – in diesem Fall Stickstoff- und Sauerstoffmoleküle in der Luft, die durch die hohe Intensität der Strahlung einige ihrer Elektronen verlieren, also „ionisiert“ werden – sendet so genannte Terahertzstrahlung aus, die für zahlreiche Anwendungen in Wissenschaft und Industrie eingesetzt werden kann. Die theoretischen Grundlagen der Entstehung von Terahertzstrahlung in Light Strings haben nun Forscher der Universität Marburg in Zusammenarbeit mit Kollegen aus den USA erarbeitet.

Light Strings und die von ihnen ausgehende Terahertzstrahlung – elektromagnetische Wellen mit einer Wellenlänge von knapp einem Millimeter – sind ein relativ junges Forschungsfeld. Das große Interesse daran erklärt sich durch zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten: Plasmakanäle könnten dazu dienen, Blitzentladungen gezielt abzuleiten und anfällige Gebäude wie etwa Elektrizitätswerke oder Radiostationen zu schützen. Außerdem ließen sich mittels Light Strings starke Turbulenzen in der Nähe von Flughäfen oder die Emission von giftigen Gasen in der Nähe von chemischen Fabriken aus der Ferne diagnostizieren.

Nicht zuletzt könnte man starke Lichtquellen hoch oben in der Atmosphäre erzeugen, um deren chemische Zusammensetzung zu untersuchen oder sogar „künstliche Sterne“ zur Navigation entstehen zu lassen. Eine deutsch-französisches Projekt mit dem Namen „Teramobile'“ hat einen Light String bereits mehr als neun Kilometer hoch in den nächtlichen Himmel über Jena geschickt.

Als stabile Quelle für Terahertzstrahlung bieten sich Light Strings ebenfalls an, da sie sich auch im Labor erzeugen lassen. Die kurzwellige Strahlung durchdringt Materie und lässt sich daher sowohl zum Durchleuchten des Gepäcks bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen, zur ungefährlichen Detektion von Sprengstoffen als auch zur Untersuchung von krankem Gewebe im menschlichen Körper verwenden. Viele bildgebende Verfahren in Medizin und Technik, so ist zu erwarten, werden künftig auf der Anwendung von Terahertzstrahlung beruhen.

Erstaunliche Vorgänge in Light Strings

Voraussetzung für all diese Anwendungen ist ein präzises Verständnis der Vorgänge in einem Light String. Weil bisherige Theorien nur unzureichende Erklärungen lieferten, haben die Marburger Forscher Professor Stephan W. Koch und Juniorprofessor Mackillo Kira aus der Arbeitsgruppe Theoretische Halbleiterphysik sowie eine US-amerikanische Arbeitsgruppe in Arizona nun eine Thorie entwickelt, die die quantenmechanische Emission eines Elektron-Ion-Plasmas beschreibt. Sie geht davon aus, dass die durch den Lichtpuls freigesetzten Elektronen von den zurückbleibenden Sauerstoff- und Stickstoff-Molekülen (Ionen) ständig von ihrer Bahn abgelenkt und abgebremst werden. Dabei wird Strahlung im Terahertzbereich frei.

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Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Physical Review Letters beschreiben, konnten sie gleichzeitig ihre Theorie bestätigen, indem sie nachwiesen, dass die daraus ableitbaren Emissionsmuster – ein Dipolmuster, vergleichbar dem der Antenne eines Radiosenders – den bisherigen experimentellen Befunden an Light Strings entsprechen.

Die physikalischen Vorgänge in einem Light String sind eindrucksvoll. Stark fokussiertes Licht, wie es handelsübliche Laser im Labor erzeugen können, kann sich nämlich ganz ohne Hilfe von Linsen selbständig weiter fokussieren. Dies wird verständlich, wenn man sich zwei Dinge vor Augen hält. Einerseits breitet sich Licht in unterschiedlichen Materialien unterschiedlich schnell aus – weil diese unterschiedliche Brechungsindizes besitzen – und kann beim Übergang von einem Material zum anderen zudem seine Ausbreitungsrichtung ändern.

Lichtpuls fokussiert sich selbst

Außerdem ist Gas nicht gleich Gas: Erreicht die Intensität nämlich eine kritische Schwelle, besitzt das Licht genug Energie, um Stickstoff- und Sauerstoffmoleküle vollständig zu ionisieren, also jeweils ein Elektron vom Molekül zu befreien. Sind genügend dieser (negativ geladenen) freien Elektronen und der zurückgebliebenen (positiv geladenen) Ionen vorhanden, so liegt nicht mehr nur ein einfaches Gas, sondern ein so genanntes Plasma vor (wie es im Universum weit verbreitet ist, sich aber eben auch im Labor herstellen lässt).

Mit dem Grad der Ionisierung ändert sich auch dessen Brechungsindex. Durch diesen Mechanismus wird der Brechungsindex innerhalb eines Strahlungspulses genau dort am größten, wo auch das Pulsmaximum liegt. Im Ergebnis zeigt der Lichtpuls also die Tendenz, sich selbst immer stärker zu fokussieren.

Wählt man den Puls kurz genug, so kann er sich in Wechselwirkung mit der Atmosphäre über Kilometer hinweg ausbreiten und hinterlässt dabei einen langen Plasmakanal, dessen Durchmesser nur wenige hundertstel Millimeter beträgt. Die elektromagnetische Abstrahlung dieser Light Strings im Terahertzbereich kann durch die jüngste Veröffentlichung nun als geklärt gelten.

(idw – Universität Marburg, 07.04.2005 – DLO)

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