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Botanik

Erster Aktivitätsatlas für Pflanzengene

Ackerschmalwand: Nur zehn Prozent des Erbguts für Reaktionen auf Umwelteinflüsse zuständig

.: Organspezifische Genaktivität in der Ackerschmalwand. Hohe Genaktivität ist in rot dargestellt, während Gelb niedrige oder keine Genaktivität anzeigt. Interessanterweise sind in Pflanzenorganen und -geweben mit hohem Spezialisierungsgrad, wie zum Beispiel Wurzel oder Samen, eine große Zahl an spezifischen Genen aktiv. Im Gegensatz dazu lassen sich nur einige wenige Gene identifizieren, die ausschließlich in Blättern aktiv sind. © Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie

Eine detaillierte Aktivitätskarte für fast alle Gene der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) haben jetzt Max-Planck-Wissenschaftler aus Tübingen und Berlin vorgelegt. In der Fachzeitschrift „Nature Genetics“ beschreiben die Forscher, in welchem Entwicklungsstadium und in welchem Organ die Gene dieser Pflanze aktiv sind.

Im Rahmen ihrer Studie fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Ackerschmalwand bereits für ihre normale Entwicklung mehr als 90 Prozent ihrer Gene benötigt. Für Reaktionen auf Umwelteinflüsse wie Temperaturschwankungen oder Schädlingsbefall stehen der wichtigsten Modellpflanze der Pflanzenforscher somit weniger als zehn Prozent ihres Erbguts zur Verfügung.

Gene wie Bücher?

Mit der kompletten Entschlüsselung des Erbguts einer Vielzahl von Organismen ist die Genomforschung in ein neues Zeitalter eingetreten. War es zuvor oberstes Ziel, alle Gene eines Organismus überhaupt zu finden, so geht es den Wissenschaftlern heute vorrangig um deren Funktion und das komplexe Zusammenspiel der Gene im Gesamtorganismus.

Man kann das Erbgut mit einer riesigen Bibliothek vergleichen, in der die einzelnen Gene Bücher repräsentieren. Welchen Einfluss der Inhalt eines Buches aber tatsächlich hat, hängt davon ab, ob es auch gelesen wird. Genauso verhält es sich mit Genen: Nur diejenigen, die von der Zellmaschinerie abgelesen werden, haben Einfluss auf das Schicksal der Zelle.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass man die Funktion von Genen zum Teil daraus ableiten kann, wo und wann sie im Organismus aktiv sind. So dürfte ein Gen, das ausschließlich in der Blüte eines Baumes aktiv ist, kaum zur Wurzelbildung beitragen.

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Bei der Erforschung der Genaktivität in der Arabidosis-Pflanze ist jetzt ein Forscherteam der beiden Tübinger Max-Planck-Institute für Entwicklungsbiologie und für biologische Kybernetik gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin einen erheblichen Schritt weiter gekommen: Die Wissenschaftler haben erstmalig eine detaillierte Aktivitätskarte für fast alle Gene der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) vorgelegt.

Aktivität der Gene präzise bestimmt

Die Ackerschmalwand ist ein einjähriges, blühendes Kraut, das aufgrund seiner geringen Größe und kurzen Generationszeit eine Spitzenstellung unter den pflanzlichen Modellorganismen einnimmt. Die Forscher entnahmen der Pflanze aus verschiedenen Organen, wie Wurzel, Blatt und Blüten, und zu unterschiedlichen Entwicklungszeitpunkten insgesamt 79 Gewebeproben. Diese wurden mit Hilfe so genannter „Microarray“-Techniken untersucht. Damit kann man die Aktivität aller Gene sehr präzise und in einem einzigen Schritt bestimmen.

Dabei fanden die Max-Planck-Forscher heraus, dass schon während des natürlichen Lebenszyklus der Pflanze vom Keimling bis zum trockenen Samen mehr als 90 Prozent aller Gene der Ackerschmalwand aktiviert werden. Nur ein kleiner Teil des Erbguts wird ausschließlich für die Antwort auf Schädlingsbefall oder die Anpassung an Hitze oder Kälte genutzt.

Heute weiß man, dass sich viele Mechanismen der Genregulation in vielzelligen Organismen ähneln. Daher sind die neuen Ergebnisse nicht nur für die Forschung an der Ackerschmalwand von großer Bedeutung, sondern lassen sich auch auf andere Pflanzen übertragen.

(MPG, 06.04.2005 – DLO)

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