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Botanik

Pflanzenprotein hilft Knöllchenbakterien

Leghämoglobin essenziell für die symbiontische Stickstofffixierung in Leguminosen

Wurzelknöllchen einer Leguminose © MPI für Pflanzenphysiologie

Ohne sie würden viele Pflanzen unter Stickstoffmangel leiden: die Knöllchenbakterien. Die in enger Symbiose im Wurzelgeflecht der Pflanzen lebenden Mikroben ermöglichen erst die Aufnahme des Luftstickstoffs. Aber wie? Wissenschaftler haben jetzt erhausgefunden, dass bestimmte Proteine hier eine entscheidende Rolle spielen.

Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam konnten erstmalig den Beweis erbringen, dass pflanzliche Eiweiße, die so genannten Leghämoglobine, die physiologischen Voraussetzungen schaffen, damit bestimmte Bakterien molekularen Luftstickstoff binden und für Pflanzen nutzbar machen können. Wie die Forscher in der aktuellen Ausgabe von Current Biology berichten, gelang es ihnen, mit der Methode der RNA-Interferenz bei der Lotus-Pflanze die Bildung des pflanzlichen Leghämoglobins erfolgreich zu unterdrücken und damit seine Funktion des Sauerstofftransportes und der Sauerstoffpufferung eindeutig nachzuweisen.

Ohne Stickstoff geht nichts

Stickstoff besitzt innerhalb der Pflanzennährstoffe eine herausragende Bedeutung, da er wesentlicher Bestandteil vieler wichtiger Verbindungen in Pflanzen ist, so zum Beispiel des grünen Blattfarbstoffes und aller Eiweiße. Während die Pflanzen den Kohlenstoff der Luft als Kohlendioxid (CO2) über die Blätter aufnehmen können, ist die Nutzung des Luftstickstoffs (N2) nicht möglich, obwohl die Luft 78 Prozent Stickstoff enthält. Pflanzen der Ordnung Leguminosen, wie zum Beispiel Erbsen, Bohnen oder Klee, leben mit bestimmten Bakterien in einer Zweckgemeinschaft (Symbiose), die eine Nutzung des molekularen Luftstickstoffs ermöglicht. Unter günstigen Bedingungen kann auf diese Art mehr als 200 Kilogramm pflanzenverfügbarer Stickstoff pro Hektar und Jahr gewonnen und somit Dünger eingespart werden. Seit fast 40 Jahren stehen bestimmte Eiweiße, die Leghämoglobine, im Verdacht diese physiologische Leistung zu ermöglichen. Jetzt konnten Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm bei Potsdam erstmalig den Beweis für die Richtigkeit dieser Hypothese erbringen.

Seit der Arbeiten der deutschen Chemiker Hellriegel und Wilfarth Ende des 19. Jahrhunderts ist bekannt, dass an den Wurzeln von Leguminosen so genannte Knöllchen lokalisiert sind, die zur Fixierung von Luftstickstoff in der Lage sind. Ursächlich für diese Fähigkeit sind Bakterien (Rhizobien), die in die Wurzeln der Leguminosen eindringen, dort die Neubildung von Zellen, den Knöllchen, bewirken, um diese dann zu besiedeln. Begleitet wird die Bildung und Entwicklung der Knöllchen durch das Anschalten, also die Aktivierung, knöllchenspezifischer pflanzlicher Gene. Während die Pflanze lebensnotwendige Kohlenstoffverbindungen aus der Photosynthese an die Bakterien abgibt, erhält sie nach Etablierung funktioneller Wurzelknöllchen von den Bakterien Stickstoffverbindungen, die durch deren Fähigkeit zur N2-Fixierung aufgebaut werden konnten. Katalysiert wird der Vorgang der N2-Bindung in den Bakterien durch das sauerstoffempfindliche Enzym Nitrogenase.

“Hämoglobin der Pflanze“

Im Mittelpunkt der Arbeiten der Golmer Forscher stand Leghämoglobin, ein Eiweiß, das durch ein knöllchenspezifisches pflanzliches Gen (Nodulin) gebildet wird. Leghämoglobin dient in der Pflanze, ähnlich wie das Hämoglobin beim Menschen, dem Sauerstofftransport und der Sauerstoffspeicherung. Die Fähigkeit zur Bindung des für Energieprozesse notwendigen Sauerstoffs ist für Leguminosen von erheblicher Bedeutung, da die zuvor bereits erwähnte Nitrogenase, extrem sauerstoffempfindlich ist.

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Mithilfe der Methode der RNA Interferenz (RNAi), durch die nicht das spezifische Gen, sondern seine funktionalen Produkte wie mRNA und Protein ausgeschaltet werden, gelang es, die Bildung von Leghämoglobin in der Modellpflanze Lotus japanicus vollkommen zu unterdrücken. Infolge des fehlenden Leghämoglobins zeigten die Pflanzen deutlichen Stickstoffmangel, obwohl Rhizobien vorhanden und Wurzelknöllchen gebildet wurden. Bei Düngung mit Stickstoff entwickelten sich die Versuchspflanzen genauso gut wie die ungedüngten Kontrollpflanzen. Ganz offensichtlich waren die transgenen Pflanzen nicht mehr in der Lage mit Hilfe der Bakterien Luftstickstoff zu binden.

In weiteren Untersuchungen konnten die Pflanzenphysiologen zeigen, dass einerseits der Sauerstoffgehalt in den Knöllchen erhöht war, andererseits das Enzym Nitrogenase nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Durch das Fehlen von Leghämoglobin konnte der Sauerstoff in den Knöllchen nicht mehr abgepuffert werden, was zur Abschaltung des für die Nitrogenasesynthese zuständigen bakteriellen Genes führt. Wegen des Fehlens der Nitrogenase kann der Luftstickstoff nicht mehr fixiert werden und Stickstoffmangel tritt auf.

„Mit unserer Arbeit haben wir zweifelsfrei nachgewiesen, dass Leghämoglobin aufgrund seiner Fähigkeiten zur „Sauerstoffpufferung“ und zum Sauerstofftransport essenziell für die bakterielle Stickstofffixierung ist“, erklärt Thomas Ott. Keine essentielle Voraussetzung stellte es dagegen für das Pflanzenwachstum und die Pflanzenentwicklung dar: Denn Stickstoffmangelsymptome infolge der fehlenden Stickstofffixierung konnten im Experiment durch Düngung ausgeglichen werden.

(MPG, 30.03.2005 – NPO)

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