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Materialforschung

Künstliche Schuppen gegen Algenbewuchs

Oberflächenstruktur ersetzt giftige Anti-Fouling-Anstriche

Künstliche Haihaut © University of FLorida

Eine ungewöhnliche Quelle der Inspiration hat Wissenschaftlern geholfen, einen neuen, umweltfreundlichen Schutz vor Algenbewuchs bei Schiffen zu entwickeln: Der Hai. Die Mikrostruktur der Haihaut senkt nicht nur den Reibungswiderstand, sondern, wie Ingenieure jetzt herausfanden, verhindert auch das Anwachsen von Seepocken und aggressiven Meeresalgen an den Schiffsrümpfen.

Bisher werden Schiffsrümpfe mit kupferhaltigen Schutzanstrichen versehen, um den Bewuchs gering zu halten. Doch diese Farben geben giftiges Schwermetall an die Umwelt ab und tragen damit zur Belastung der Meere bei. „Die Kupferfarben funktionieren wunderbar, aber sie reichern sich in beträchtlichen Mengen im Wasser der Häfen an“, erklärt Anthony Brennan, Professor für Materialwissenschaften an der Universität von Florida. „Im Gegensatz dazu gibt es bei unserer Oberfläche keine Gifte.“

Rippen auf Schuppen verhindern Besiedlung

Die Wissenschaftler integrierten stattdessen winzige, flexible Kunststoffschüppchen in ihren Überzug. Den Anstoß dazu erhielten sie aus der Beobachtung, dass Haie, im Gegensatz zu anderen großen Meerestieren wie den Walen, normalerweise keinerlei Aufwuchs auf ihrer Haut tragen. Ursache dafür sind die Plakoidschuppen, Plättchen mit rechteckiger, in der Haut verankerter Basis und winzigen Stacheln oder Borsten, die aus der Haut herausragen. Brennan und seine Kollegen entschieden sich dafür, diese Struktur nachzubauen, um herauszufinden, ob es tatsächlich die Form der Schuppen ist, die den Bewuchs verhindert.

Die Wissenschaftler entwickelten eine Kombination von Plastik und Gummiüberzug, die aus Milliarden von winzigen, nur 15 Tausendstel Millimeter großen Schüppchen besteht. Jede Schuppe wiederum hat sieben erhöhte, unterschiedlich lange Rippen. Labortests zeigten, dass dieser Überzug das Wachstum von Ulva, einer sehr häufigen und von Schiffseignern gefürchteten Meeresalge blockiert. Die Sporen der Alge können sich an den Minischuppen nicht anhaften. „Normalerweise kleben sie an allem, aber wir haben die Sporenbesiedlung um 85 Prozent reduziert“, erklärt Brennan. „Die einzige Stelle, an der die Sporen noch immer landen können, ist dort, wo unsere Struktur einen Fehler aufweist.“

Schuppenbewegung bei Stromfluss

„Als nächste große Hürde wollen wir Gewebe, Strukturen oder Chemikalien entwickeln, die auch andere Aufwuchsorganismen abwehren wie beispielsweise Seepocken“, so der Forscher. Mit der jüngsten Variante ihres Überzugs hoffen die Wissenschaftler aber, genau dies zu erreichen. Bei diesem sind die winzigen, diamantförmigen Schuppen beweglich: Legt man eine elektrische Spannung an, verändern sie ihre Form. Die winzigen Rippen auf der Schuppenoberfläche schwellen an oder schrumpfen und verhindern damit das Ansammeln von Dreck und organischem Material auf der Oberfläche – und damit auch einen häufigen Vorläufer des Seepockenbefalls.

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Doch die Wissenschaftler sehen neben dem Anti-Fouling auch noch Anwendungen für ihre Oberflächen in ganz anderen Bereichen: Nach Ansicht von Brennan könnten die beweglichen Schuppen auch in der Medizin zum Einsatz kommen. Versuche haben gezeigt, dass die Schuppen auch das Anwachsen von Zellen verhindern. Sie könnten daher beispielsweise die Oberflächen von Herzkathetern und Ventilklappen vor zum Zuwachsen schützen und sie damit länger funktionsfähig erhalten. „Unser Konzept ist ein Oberflächendesign, dass wir auf verschiedene Anwendungen hin zuschneiden können“, so Brennan. „Egal, ob es nun im Ozean oder im menschlichen Körper ist.“

(University Of Florida, 16.03.2005 – NPO)

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