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Neurobiologie

Östrogen macht Männer männlich

Rezeptor für weibliches Geschlechtshormon im Gehirn beeinflusst geschlechtsspezifisches Verhalten

Was macht einen Mann zum Mann und eine Frau zur Frau? Eine überraschende Antwort auf diese alte Frage haben jetzt amerikanische Wissenschaftler herausgefunden. Sie entdeckten einen bisher unbekannten Mechanismus, der die Rolle des Östrogens bei der Entwicklung beider Geschlechter und ihrer Verhaltensunterschiede erklärt.

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In Labortests an Mäusen entdeckten Forscher um Emilie Rissman, Professorin für Biochemie und molekulare Genetik an der Universität von Virginia einen Östrogen-Rezeptor im Gehirnbereich des Hypothalamus. Der ERb genannte Rezeptor spielt eine Schlüsselrolle bei der so genannten Defeminisierung der Tiere, einem Prozess, der bei erwachsenen männlichen Tieren typische weibliche Verhaltensweisen verhindert.

Nach Ansicht vieler Experten ist diese Defeminisierung der hauptsächliche neurologische Prozess, der Männchen und Weibchen schon vor der Geburt prägt. „Unserer Hypothese nach sind die neonatalen Männchen dem in ihren Hoden produzierten Steroid Estradiol ausgesetzt. Das Estradiol bindet an den Östrogen-Rezeptor (ERb) und dieser wiederum schaltet andere Gene an oder aus, die die neurale Architektur für das Verhalten im Erwachsenenalter formen“, erklärt Rissman.

„Wir möchten herausfinden, welche Gene das sind, wo sie sich im Gehirn befinden, wann in der Entwicklung dies genau passiert und was mit den zellulären Zielen dieser Genen geschieht“, fährt die Forscherin fort. Dieser Prozess könnte auch die Erklärung dafür liefern, warum männliche Embryos bereits im Mutterleib dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen ausgesetzt, Weibchen dagegen nicht. Ihre Östrogen produzierenden Eierstöcke nehmen erst während der Pubertät ihre Arbeit auf.

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Die neu entdeckte Rolle des Erb-Rezeptors könnte nach Ansicht der Wissenschaftlerin auch in der Erforschung der Verhaltensunterschiede beider Geschlechter eine wichtige Rolle spielen, wie beispielsweise in den Bereichen der Aggression, dem Denken und dem Verhalten gegenüber den Nachkommen. Auch die Frage, warum manche Krankheiten wie Depression, Alzheimer oder Multiple Sklerose, Männer und Frauen unterschiedlich stark betreffen könnte der kleine Rezeptor möglicherweise einmal beantworten. „Je mehr wir über die im Gehirn und der Peripherie existieren Unterschiede der Geschlechter herausfinden, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir auch gezielte Therapien entwickeln können“, so Rissman.

(University of Virginia, 14.03.2005 – NPO)

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