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Geowissen

Rapider Ozonschwund über dem Norden

Höhenforschungsflugzeug "Geophysica" misst in Polarwirbel

Messungen mithilfe eines Höhenforschungsflugzeugs haben den rapiden Ozonabbau über der Arktis bestätigt. Der Ozonverlust könnte ein Ausmaß erreichen, das zuvor noch nie beobachtet worden ist. Besonders hoch sind die Konzentrationen an Chloroxid, einer aggressiven Ozon-zerstörenden Verbindung, in den Eiswolken des so genannten Polarwirbels.

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Zu einer kurzfristigen eintägigen Messkampagne war am Montag im Auftrag der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und seiner Partner das russische Höhenforschungsflugzeug „M55 Geophysica“ aufgebrochen. Vom Sonderflughafen in Oberpfaffenhofen aus steuerte der Pilot Oleg Schepetkov das Flugzeug nach Südschweden und zurück. In Höhen von bis zu 20 Kilometer flog er tief in den so genannten Polarwirbel hinein und nahm mit mehreren wissenschaftlichen Geräten umfangreiche Messungen vor. Der Polarwirbel ist ein stratosphärisches Tiefdruckgebiet, das um den Nordpol rotiert.

Hintergrund des Fluges ist der derzeitige rapide Abbau der Ozonschicht über der Arktis. Satellitendaten des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums (DFD) des DLR zeigen über dem Nordatlantik Gebiete mit vermindertem Ozon mit Säulen deutlich unter 300 Dobson-Einheiten. Diese Werte liegen 30 bis 50 Prozent unter den Normalwerten.

Polarwirbel reicht bis nach Florenz

Der Polarwirbel in der Stratosphäre breitet sich in diesem Winter ungewöhnlich weit nach Süden aus. In dem Polarwirbel wird es sehr kalt. Daher kann auch über Deutschland die schützende Ozonschicht in der Stratosphäre abnehmen. Auf Eiskristallen polarer Stratosphärenwolken bildet sich innerhalb des Polarwirbels Chloroxid. Im Sonnenlicht reagiert das Chloroxid sehr aggressiv mit dem Ozon in der Stratosphäre. So wird derzeit und in den nächsten Tagen und Wochen Ozon abgebaut – insbesondere im Höhenbereich von 18 bis 21 Kilometer.

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Beim Durchfliegen des Polarwirbels sind enorm hohe Werte gemessen

worden: „Die Chloroxid-Konzentrationen waren etwa doppelt so hoch wie in durchschnittlichen Wintern“, berichtet Dr. Marc von Hobe vom Forschungszentrum Jülich, einer der Teilnehmer an dem Experiment. Professor Ulrich Schumann, Direktor des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre geht davon aus, „dass sich der Ozonabbau in den nächsten Wochen fortsetzt“.

Skifahrer sollen sich schützen

Je dünner die Ozonschicht wird, desto mehr ultraviolette Strahlen der Sonne treffen auf die Erde. Insbesondere Skifahrern, die in den kommenden Wochen bei Sonnenschein in den Bergen unterwegs sind, raten die Atmosphärenforscher daher dringend, sich mit einem hohen Lichtschutzfaktor vor dem Sonnenlicht zu schützen. Der Polarwirbel wird noch eine Woche bestehen bleiben und bis Mitteleuropa reichen, für die Zeit danach sind noch keine Vorhersagen möglich. Gestern Morgen erstreckte er sich über Oberpfaffenhofen hinaus bis nach Florenz.

Die kurzfristige Kampagne erwies sich für die beteiligten Wissenschaftler als Glücksfall. Die Geophysica war erst vergangene Woche von einer Kampagne im Süden Brasiliens (TROCCINOX) zurückgekehrt, bei der in der Nähe hoch reichender Gewitter Spurengasmessungen vorgenommen worden waren. Mehrere wissenschaftliche Geräte, die für die Kampagne in Brasilien in und an dem Forschungsflugzeug angebracht worden waren, konnten nun auch auf dem Flug nach Südschweden und zurück eingesetzt werden. Maßgeblich an der gestrigen Kampagne beteiligt waren neben dem DLR unter anderem das Central Aerological Observatory in Dogoprudny (Russland), das Forschungszentrum Jülich sowie die Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt.

(DLR, 09.03.2005 – NPO)

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