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Biologie

Gene kontrollieren Geschmacksempfinden

Vorliebe für Gemüse genetisch vorbestimmt

Varianten eines einzelnen Gens sind für die individuelle Geschmackswahrnehmung von Bitterstoffen verantwortlich. Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung hat herausgefunden, dass sich dies auch auf die Ernährungsgewohnheiten wie die Vorliebe für bestimmte Gemüsesorten oder der Neigung zu fettreicher Nahrung auswirkt.

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Die großen individuellen Unterschiede im Geschmacksempfinden haben vielfältige Ursachen. Neben sozialen oder psychologischen Faktoren spielen auch die Gene eine wichtige Rolle, wie jetzt eine Forschergruppe unter der Leitung von Wolfgang Meyerhof vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) Potsdam-Rehbrücke herausfand. Ein Beispiel hierfür ist die unterschiedliche Wahrnehmung der Bitterstoffe Phenylthiocarbamid (PTC) und Propylthiouracil (PROP), die auf Varianten (Haplotypen) des Bittergeschmacksrezeptorgens hTAS2R38 zurückzuführen ist.

Spinat oder Fett?

Die Mehrzahl der Europäer nimmt diese Substanzen bis zu 1.000-mal besser wahr als die restlichen 30 Prozent der Bevölkerung. Interessanterweise wirkt sich das unterschiedliche Geschmacksempfinden für diese Stoffe auf das Ernährungsverhalten aus. Menschen, die den PTC/PROP-Geschmack besser wahrnehmen entwickeln eher eine Abneigung gegen Gemüsesorten wie Kohl oder Spinat als die „PTC/PROP-Nicht-Schmecker“, während letztere zu einem erhöhten Fettkonsum und einem höheren Körpergewicht tendieren. Detaillierte Kenntnisse über die genetischen Faktoren, die das Geschmacksempfinden beeinflussen, könnten daher einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis von Ernährungsgewohnheiten leisten.

Zellkulturexperimente

Die Wissenschaftler um Meyerhof untersuchten daher die von den fünf Haplotypen des hTAS2R38 Gens kodierten Rezeptorvarianten in Zellkulturexperimenten. Sie stellten fest, dass sich die Rezeptorvarianten in drei Untergruppen einordnen lassen. Bereits geringe Mengen der verwendeten Bitterstoffe aktivieren den häufig vorkommenden PAV-Typ. Im Gegensatz dazu ist der AVI-Typ kaum oder gar nicht sensitiv. Die drei anderen Rezeptortypen zeigen eine moderate Aktivität nach Stimulation durch PTC/PROP. Die „im Reagenzglas“gewonnenen Ergebnisse ließen sich direkt auf den Menschen übertragen.

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Geschmackstests, in welchen die Forscher genotypisierte Probanden auf ihr PTC/PROP-Geschmacksempfinden testeten, lieferten gleiche Resultate. Damit haben die Wissenschaftler einen direkten Nachweis erbracht, dass unterschiedliche, individuelle Geschmacksempfindungen durch Variationen in einem einzigen Gen bedingt sein können.

Das menschliche Genom enthält etwa 25 sogenannte TAS2R Gene, von denen man annimmt, dass sie Bittergeschmacksrezeptoren kodieren. Der humane TAS2R38 ist ein Rezeptor für Stoffe, die eine -N-C=S Gruppe enthalten und ist damit offenbar auf die Erkennung chemisch verwandter Substanzen abgestimmt. Andere Rezeptortypen wie zum Beispiel hTAS2R10 sind sehr viel breiter auf ihre Bitterstoffe abgestimmt, denn es ist kein gemeinsames Strukturmotiv in ihren jeweiligen Bitterstoffen erkennbar.

(idw – Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, 02.03.2005 – AHE)

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