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Klima

Klimawandel: Drastische Folgen für Deutschland

Schäden in Milliardenhöhe trotz Kyoto und Emissionshandel prognostiziert

Wetterkatastrophen nehmen seit einigen Jahrzehnten drastisch an Zahl und Ausmaß zu. Nach jüngsten Einschätzungen von Klimaexperten müssen wir in Zukunft auch in Deutschland immer häufiger mit extremeren Winterstürmen und Unwettern, Überschwemmungen und Sturzfluten, Hitzewellen und Dürren rechnen. Dazu tragen zunehmend auch Veränderungen bei den atmosphärischen Extremwerten als Folge der globalen Erwärmung bei. Der Klimawandel wird allein in Deutschland Schäden in Milliardenhöhe verursachen.

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So deutliche Worte wie jetzt auf der Fachtagung „Klimawandel und Wetterextreme – Die Folgen für Deutschland“ fanden die Klimaforscher in der Vergangenheit nicht immer. Anläßlich des Inkrafttretens des Kyoto-Protokolls hatte das GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit Vertreter der bedeutendsten Institutionen deutschsprachiger Klimaforschung und hochrangige Vertretern aus Wirtschaft und Industrie am 16. Februar zu einem Austausch eingeladen. Ziel der mit rund 100 Teilnehmern ausgebuchten Veranstaltung war es, konkret für Deutschland den neuesten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den wirtschaftlichen, gesundheitlichen und umweltrelevanten Folgen des Klimawandels zusammenzufassen.

Abrupter Klimawandel im 21. Jahrhundert

Basierend auf regionalen Klimamodellen, die über globale Modelle abgesichert werden, können die Wissenschaftler nun bereits einige konkrete Vorhersagen für das zukünftige Klima in Deutschland und Europa machen: Die Landflächen der nördlichen Erdhälfte werden sich mit zunehmender geographischer Breite stärker erwärmen. Die Jahresniederschlagsmenge hoher nördlicher Breiten wird zumeist zunehmen, die Niederschläge in höheren mittleren Breiten im Winterhalbjahr ebenfalls. Die Regenmengen werden auch pro Ereignis zunehmen, es wird neue Extreme geben.

„Auch ein abrupter Klimawandel kann für das 21. Jahrhundert nicht ausgeschlossen werden“ warnte Hartmut Graßl, Direktor am Max Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, auf der Veranstaltung in München und forderte eindringlich Maßnahmen zur Anpassung auch in Deutschland. So seien Siele, Rückhaltebecken, Regenrinnen und Deiche vor allem an kleineren Flüssen zu vergrößern sowie der Blitzschutz zu verbessern. Auch die Sicherung der Stromversorgung bei sommerlichen Hitzewellen bisher unbekannten Ausmaßes müsse gewährleistet bleiben.

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Schäden in Milliardenhöhe

„Der Klimawandel wird Schäden in Milliardenhöhe allein in Deutschland verursachen, wenn die internationalen Staaten sich auf keine einheitliche Linie zur Treibhausgasreduktion einigen können“ so Prof. Dr. Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Weltweit sei innerhalb der nächsten 50 Jahre mit Schäden in Höhe mehrerer Billiarden Euro zu rechnen, so die eben neu an die Humboldt Universität Berlin berufene Professorin. Das Kioto-Protokoll ist jedoch ein wichtiger, wenn auch erster Schritt zur Treibhausgasminderung. Die Kosten der Emissionsminderung sind weitaus geringer als die erwarteten Schäden durch den Klimawandel.

Malaria und Dengue Fieber in Deutschland

Die gesundheitlichen Risiken der bevorstehenden Klimawandels für Deutschland liegen vor allem in der zu erwartenden Zunahme der Hitzeperioden. „Das schon heute in Deutschland bestehende Infektionsrisiko durch Zeckenbisse wird steigen“, prognostiziert Peter Höppe, Leiter des Bereichs GeoRisikoForschung der Münchener Rückersicherungsgesellschaft. „Bei einer weiteren Erwärmung müssen wir in Deutschland mit der Ausbreitung von „tropischen“

Infektionskrankheiten wie z.B. Malaria oder Dengue Fieber rechnen.

Deutschland könnte zumindest aus gesundheitlicher Sicht von der Klimaänderung auchprofitieren, da mit einer verminderten Sterblichkeitsrate in den Wintermonaten zu rechnen sei, so Höppe.

Mengenvorgaben des Emissionshandels zu hoch

Am 16. Februar ist das Kyoto-Protokoll in Kraft getreten, nach Ansicht vieler Experten ein wichtiger Meilenstein in den Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Deutschland habe hier gerade bei der Umsetzung der Ideen des Emissionshandels eine wichtige Pionierrolle gespielt. „Allerdings wird dieser zunächst sein volles Potential noch nicht entfalten können“, schränkte Carlo Jaeger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenschätzung die Erwartungen ein. „So liegen die jetzigen Mengenvorgaben für Deutschland sogar über den Emissionsmengen, die ohne Zertifikate zu erwarten wären – das kann nicht der Sinn der Sache sein“, so der Leiter des Europäischen Klimaforums.

Auch schwächt die gewählte Art der Zertifikatsvergabe den Wettbewerb, anstatt ihn zu stärken. Im Rahmen der bestehenden Infrastruktur im Kraftwerks-, aber auch im Gebäude- und Verkehrsbereich sind nur bescheidene Emissionsreduktionen im Ernst realisierbar. In den nächsten Jahren wird deshalb das Instrument Emissionshandel zunächst erprobt werden müssen, ohne dass weit reichende Erfolge erreicht werden können. „Zugleich muss eine Erneuerung der bestehenden Infrastruktur vorbereitet werden, bei der deutlich weniger Energie verbraucht wird und zugleich in großem Umfang erneuerbare Energie aus dem Mittelmeerraum importiert wird“ forderte Jaeger auf der Tagung in München.

(GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, 18.02.2005 – NPO)

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