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Geowissen

Fossilien haben doch recht

Studie entkräftet Befürchutngen über Verzerrung der paläontologischen Daten

Fossilien als Zeugen der Urzeit mögen ihre Schwachstellen haben, doch jetzt wurden sie in ihrer Bedeutung für die Paläontologie bestätigt. Eine jetzt in Science veröffentlichte Studie konnte endlich jahrzehntelange Befürchtungen über eine Verzerrung der evolutionsbiologischen Aussagen der Fossilien entkräften.

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Obwohl die gewaltigen Knochen der Dinosaurier die meiste Aufmerksamkeit erhalten, sind sie doch viel zu selten, um einen guten Überblick über das Geschehen und die Artenvielfalt in der Vergangenheit zu bieten. Die Fossilien, mit denen sich die Paläontologen im Alltag beschäftigen, wie beispielsweise die Schalen von Meeresschnecken, sehen dagegen zwar weitaus bescheidener aus, sind aber dafür extrem häufig und geographisch weit verbreitet..

Doch da nicht alle Fossilien gleich gut die Zeit überdauern, stellen sich Paläontologen seit längerem die Frage, inwieweit die heute gefundenen Relikte möglicherweise das Bild der Vergangenheit verzerren. Sind vielleicht einige Arten nur deshalb heute so häufig, weil sie am längsten erhalten bleiben, und andere dafür nicht mehr zu finden, obwohl sie damals möglicherweise dominierten?

Schalenzusammensetzung verglichen

Die Paläontologin Susan M. Kidwell von der Universität von Chicago testete diese Annahme, indem sie die Fossilien von marinen Bivalven, einer Gruppe von Meerestieren, zu denen unter anderem die Muscheln gehören, analysierte. Ausgangspunkt war dabei die Frage, wie und ob die Schalenzusammensetzung und Stabilität eine Auswirkung auf die Fossilienfunde aus den letzten 500 Millionen Jahren haben.

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„Schalen können durch Räuber oder Flutwellen zerstört werden oder durch Säuren oder Mikroorganismen abgebaut“, erklärt Kidwell. „Je älter die Gesteine, desto wahrscheinlich werden auch die Schäden. Basierend auf Experimenten wissen wir, dass einige Schalentypen anfälliger für Schäden sind als andere. Die frage ist also, wie und ob sich diese Verluste langfristig aufaddieren?“

Um dies herauszufinden sammelte Kidwell Daten über die Zusammensetzung der Schalen von lebenden und fossilen Schalentieren. „Alle Bivalvia-Schalen bestehen aus Kalziumkarbonat, dem gleichen Material wie die Eierschalen von Vögeln“, so die Forscherin. „Aber die Bivalven können zwei unterschiedliche Mineralformen des Karbonats produzieren und, darüber hinaus, auch mineralische Kristalle in verschiedenen Formen und Größen erzeugen und sie in eine große Auswahl an Geweben einlagern. Diese Unterschiede können das Signal der Fossilaufzeichnungen verzerren.“

Austern beispielsweise erzeugen Schalen aus einer besonders stabilen Form des Kalziumkarbonats, während Herzmuscheln sich in Grundwasser erheblich schneller auflösen. Miesmuscheln bauen die unterschiedlichen Mineralien in eine organische Matrix ein und überdauern besser. „Die Sorge war, dass die Äquivalente von Herzmuscheln im Laufe der Zeit verloren gegangen sind oder ausgedünnt wurden und so eine Fossilgeschichte hinterlassen haben, in der hauptsächlich die Organismen enthalten sind, die eine dauerhaftere Schale erzeugen.“

Keine Korrelation von Häufigkeit und Schalenstabilität

Doch die jahrzehntelangen Befürchtungen konnte Kidwell nun ausräumen. Als sie ihre Daten mit einer weiteren großen Datenbank der Bivalven kombinierte und verglich, zeigte sich, dass die Schalen nur eine untergeordnete Rolle spielten. „Es gab keine Anzeichen dafür, dass Dauerhaftigkeit die Show bestimmte“, erklärt die Wissenschaftlerin. Wenn überhaupt, schienen sogar Arten mit weniger stabilen Arten sogar länger überlebt zu haben als Formen mit härteren Schalen.

„Dieses ehrlich gesagt sehr überraschende Ergebnis könnte mehrere Erklärungen haben – eine große Redundanz im Fossilienaufkommen in bestimmten Fundstellen oder eine kompensatorisch wirkende Remineralisierung und Stabilisierung der hochreaktiven Schalentypen““, erklärt Kidwell. „Aber was auch immer die ultimativen Gründe sind, die Studie bedeutet grundsätzlich erst einmal gute Nachrichten für Paläontologen und Evolutionsbiologen.“

Auch wenn die Fossilienfunde bei weitem nicht ohne Lücken sind, so belegt die Studie nach Ansicht der Forscherin doch dass eine der Hauptstützen der Fossiliengeschichte, die Schalen von meeresbewohnenden Schalentieren, relativ unverzerrte Daten liefern.

(University of Chicago, 11.02.2005 – NPO)

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