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Geowissen

Nie wieder „Brennendes Eis“?

Begründer der Methanhydratforschung geht in Ruhestand

Er hat an renommierten Instituten in Deutschland, Frankreich, Japan und den USA geforscht und gelehrt. Er hat viele bedeutende Forschungspreise und Auszeichnungen erhalten, darunter die Gustav- Steinmann-Medaille, die höchste Auszeichnung für einen Geologen. Mit Hilfe der von ihm beantragten Forschungsgelder wurden Dutzende Stellen für den wissenschaftlichen Nachwuchs geschaffen. Doch wenn Professor Erwin Suess am 10. Februar 2005 mit einem Ehrenkolloquium in seinen Ruhestand verabschiedet wird, wird es vermutlich vor allem um eins gehen: Methanhydrat.

Was daran liegen könnte, dass sich an diesem Tag fast die gesamte nationale Methanhydrat-„Szene“ im Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) in Kiel versammelt, um vier neue Großprojekte auf den Weg zu bringen, die alle mit dem „brennenden Eis“ in Zusammenhang stehen. Doch der gemeinsame Termin ist kein Zufall, denn Suess ist quasi der Begründer der marinen Gashydratforschung in Deutschland. Vor der Küste Oregons entdeckte er 1996 das bisher größte unterseeische Vorkommen an Methanhydrat. Dem Gebiet wurde daraufhin der offizielle Name „Hydratrücken“ gegeben – bis heute ist es das wichtigste Untersuchungsgebiet für die Methanhydratforschung weltweit.

Wie entsteht Methanhydrat?

Vor allem aber fand Suess heraus, wie der – als mögliche Energiequelle der Zukunft gehandelte – Rohstoff am Meeresboden entsteht. Die komplizierten biologischen und geologischen Prozesse im Sediment von Subduktionszonen, die zu der Bildung von Methanhydrat führen, waren bis dahin weitgehend unerforscht. Die Vorgänge in Subduktionszonen stehen jedoch auch in engem Zusammenhang mit Seebeben oder Hangrutschungen – die Tsunamis zur Folge haben können.

Der von Suess mitbegründete Sonderforschungsbereich 574, den er für einige Jahre auch leitete, beschäftigt sich mit der Entstehung von Seebeben, Hangrutschungen und Vulkanausbrüchen und ihren möglichen Folgen. Doch nicht nur in Bezug auf Subduktionszonen hat Suess die Meeresforschung entscheidend mitbestimmt und vorangetrieben. Der Spezialist für Geochemie entwickelte vor 20 Jahren zwei Gleichungen, die bei der Rekonstruktion von Klima- und Umweltbedingungen in der Vergangenheit eine wichtige Rolle spielen und auch heute noch in jedem Ozeanographie-Standardwerk zu finden sind.

Während seiner 40-jährigen Forscherlaufbahn hat der engagierte Meeresforscher fast 800 Tage auf See verbracht. Er hat mit fast allen großen deutschen und ausländischen Forschungsschiffen Expeditionen in alle Weltmeere unternommen. Und er hat den Meeresboden nicht nur erforscht, er hat ihn auch aus allernächster Nähe gesehen – und das öfter als die meisten anderen Wissenschaftler.

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Picknick am Meeresgrund

Mehr als 30 Mal war Suess an Bord eines Forschungstauchboots. Ein Erlebnis der besonderen – französischen – Art hatte er vor 20 Jahren in einem Tiefseegraben vor der Küste Perus. Gemeinsam mit den beiden Piloten des französischen Tauchboots NAUTILE suchte er nach einem Messgerät, das bei einem Tauchgang am Tag zuvor in 4000 Meter Tiefe verloren gegangen war. Das fassförmige Gerät war einen Hang hinab in unbekannte Tiefen gekullert.

Die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhafen war wie durch ein Wunder erfolgreich. Zu Suess‘ Überraschung waren die Piloten auf alles vorbereitet und packten nach der Bergung noch am Fundort in 6000 Metern Tiefe einen Picknickkorb mit Baguette, Camembert und Bordeaux aus. Brot und Käse wurden sogleich verspeist, am Rotwein – in Anbetracht des mehrstündigen Aufstiegs – nur genippt.

(idw – Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, 08.02.2005 – DLO)

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