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Physik

Erste Linse für extrem ultraviolettes Licht

Strahl aus Heliumgas bündelt oder streut XUV-Licht wie eine refraktive Linse

Ein Strahl aus Heliumatomen wirkt wie eine Linse - und erlaubt es so, die energiereiche XUV-Strahlung zu fokussieren. © Max-Born-Institut Berlin

Optischer Durchbruch: Forscher haben erstmals eine Linse entwickelt, mit der sich extremes UV-Licht bündeln oder streuen lässt. Weil Glas oder andere Feststoffe diese Strahlung komplett absorbieren, dient hierbei ein Strahl aus Heliumatomen als Linse. Die Gasatome brechen die XUV-Strahlung wie eine refraktive Linse und ermöglichen so künftig ganz neue Anwendungen dieser energiereichen UV-Strahlung, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten.

Lichtbrechende Linsen sind aus unserem Alltag kaum wegzudenken: Sie sind Teil des Auges, dienen als Brillen, Kontaktlinsen oder als Kameraobjektiv. In der Lasertechnik dienen Linsen dazu, die kohärenten Lichtstrahlen zu bündeln und zu fokussieren. Für viele Anwendungen in Technik und Wissenschaft wurden zudem Linsen entwickelt, die auch elektromagnetische Strahlung außerhalb des sichtbaren Wellenlängenbereichs fokussieren oder streuen können.

Keine Linsen fürs XUV

Doch es gibt eine Lücke: Für das extreme UV-Licht (XUV) fehlten bisher geeignete Linsen. Diese kurzwellige, energiereiche Strahlung deckt den Wellenbereich von zehn bis 121 Nanometern ab – die Zone zwischen UV- und Röntgenlicht. Eingesetzt wird das XUV unter anderem, um Schaltkreise mittels Lithografie auf Halbleiter aufzubringen, aber auch bei der Erzeugung ultrakurzer Laserpulse.

Das Problem: Weil die XUV-Strahlung von festem und flüssigem Material stark absorbiert wird, schlucken alle herkömmlichen Linsen oder Prismen sie fast vollständig. Um sie auch ohne Linse zu fokussieren, behalfen sich Forschung und Industrie bisher mit komplexen Anordnungen spezieller Spiegel.

Spektrale Aufspaltung der XUV-Strahlung durch die Gaslinse: Strahlung mit Farben nahe den Heliumresonanzen werden entweder nach oben oder unten abgelenkt. © MBI Berlin

Heliumgas statt Glaslinse

Eine Lösung für dieses Problem haben nun Forscher um Lorenz Drescher vom Max-Born-Institut in Berlin entwickelt. Sie entwickelten eine Linse für XUV-Strahlung, die statt aus Glas aus Heliumgas besteht. Dazu erzeugten die Forscher einen Strahl aus Heliumatomen, deren Dichte zur Mitte hin zunimmt. Passiert nun XUV-Strahlung diesen Gasjet quer zu dessen Richtung, wird sie gebrochen und je nach Gasdichte-Gradient fokussiert oder gestreut.

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Das Ganze funktioniert, weil das XUV-licht die Gasatome anregt und diese dann Photonen der gleichen Wellenlänge und Energie wieder aussenden. Das Cloud dabei: Diese re-emittierten XUV-Photonen sind gegenüber den Originalen phasenverschoben. „Wegen des Dichtegradienten des Gases führt dies dazu, dass der obere Teil des XUV-Pulses eine andere Phasenverschiebung erfährt als der untere Teil“, erklären die Forscher. „Und dadurch neigt sich die XUV-Wellenfront.“

Wahlweise entweder Linse oder Prisma

Einfacher ausgedrückt: Je nach Gasdichte lässt sich so die energiereiche XUV-Strahlung entweder bündeln oder aber wie in einem Prisma streuen. „Das Maß der Ablenkung kann dabei durch Variieren der Gasdichte gesteuert werden“, so Drescher und seine Kollegen. Noch stärkere und feinere Brechungen ließen sich durch Kombination mehrerer solcher Gaslinsen erreichen.

Der große Vorteil: Verglichen mit gekrümmten Spiegeln, die sonst zum Fokussieren von XUV-Strahlung genutzt werden, geht durch die Gaslinse kaum XUV-Strahlung verloren. „Dies ist die wichtigste Verbesserung, weil die Erzeugung von XUV-Strahlen komplex und oft sehr teuer ist“, erklärt Dreschers Kollege Bernd Schütte. Zudem ist die Gaslinse nicht so empfindlich gegenüber Beschädigungen: Weil die Heliumatome ständig nachströmen, kann sie nicht kaputtgehen.

„Die XUV-Linse erlaubt es nun, auf refraktiver Optik basierende Konzepte wie die Mikroskopie, das Nanofokussieren oder die Kompression ultrakurzer Pulse auch auf den XUV-Bereich zu übertragen“, konstatieren die Forscher. Die neuen Gaslinsen könnten beispielsweise dazu dienen, ein XUV-Mikroskop zu entwickeln, aber auch die XUV-Lithografie könnte sich so vereinfachen lassen. (Nature, 2018; doi: 10.1038/s41586-018-0737-3)

(Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI), 29.11.2018 – NPO)

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