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Biologie

Katze gegen Ratte – wer gewinnt?

Hauskatzen sind schlechtere Rattenjäger als gemeinhin vermutet

Wer hat die Nase vorn – Ratte oder Katze? © Sonsedzka/ iStock.com

Urbanes Duell: Katzen gelten als probate Helfer gegen die Rattenplage – aber stimmt das auch? In New York – einer echten Rattenmetropole – haben Forscher dies nun untersucht. Das Ergebnis: Katzen sind erstaunlich schlechte Rattenfänger – und wenig motiviert. Sie jagen Ratten nur im Notfall und sind selbst dann nur erfolgreich, wenn sie das Überraschungsmoment auf ihrer Seite haben. Die schlauen Stadtratten haben in diesem Duell demnach klar die Nase vorn, so die Forscher.

Sie leben im Verborgenen, aber sie sind viele: In den meisten Großstädten leben heute mehr Ratten als Menschen. Die schlauen Nager haben sich perfekt an die Lebensweise im urbanen Milieu angepasst und fressen mit Vorliebe das, was wir wegwerfen – Abfall. Zugute kommen ihnen dabei ihre erstaunlichen mentalen Fähigkeiten: Raten betreiben Tauschhandel, kooperieren mit Artgenossen und empfinden Mitleid und sogar Reue.

Recyclinghof als „Duellplatz“

Doch die Ratten sind nicht allein: Gerade in unseren Städten leben auch unzählige verwilderte und freilaufende Hauskatzen – nach gängiger Annahme die natürlichen Feinde der Ratten. Oft werden sie sogar absichtlich als „Rattenjäger“ gehalten. Aber wie effektiv sind Katzen in diesem Job wirklich?

„Bisher hat niemand klare Zahlen darüber liefern können, wie viele Stadtratten tatsächlich durch Katzen getötet werden“, erklärt Michael Parsons von der Fordham University. Deshalb haben er und sein Team dies nun in einer der Hauptstädte der Rattenwelt untersucht: in New York City. In einem der Müllrecycling-Zentren der Stadt erforschen die Wissenschaftler schon länger eine dort lebende Rattenkolonie. Viele der mehr als 100 Tiere haben sie dafür mit Mikrochips versehen und können so ihr Verhalten mitverfolgen.

Schlau und perfekt ans Stadtleben angepasst: Ratten © Anatoly parreyev /iStock.com

Weniger Ratten – auf den ersten Blick

Als vor Kurzem eine Gruppe Katzen den Recyclinghof für sich als Jagdrevier entdeckte, nutzten die Forscher ihre Chance: Sie stellten zusätzlich Videofallen mit Bewegungssensoren auf, um so möglichen Duellen von Katzen und Ratten auf die Spur zu kommen. „Wir wollten wissen, ob die Zahl der Katzen die Zahl der Ratten beeinflussen würde und auch, ob diese ihr Verhalten ändern“, erklärt Parsons.

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Und tatsächlich: Auf den ersten Blick schienen die Katzen die Oberhand zu gewinnen. Auf den Videos waren deutlich weniger Ratten zu sehen, wenn eine Katze in der Nähe war. „Auch am folgenden Tag hatten wir dann weniger Rattensichtungen“, berichtet Parsons. Seit den regelmäßigen Besuchen der Katzen in das Recyclingzentrum schien demnach die Rattenpopulation zurückgegangen zu sein.

Katzen im Abseits

Doch dieser erste Eindruck täuschte, wie nähere Analysen des Videomaterials und der Mikrochip-Daten enthüllten. Denn die Ratten waren keineswegs verschwunden oder vertilgt, sondern hatten einfach nur ihr Verhalten angepasst. Sobald eine Katze in der Nähe war, „sprach“ sich das in der Rattenkolonie offenbar schnell herum und alle Nager wurden deutlich vorsichtiger und blieben in Deckung. „Wenn die Leute weniger Ratten sehen, denken sie meist, dass die Katzen sie wohl getötet haben – während dies in Wirklichkeit nur am veränderten Verhalten der Ratten liegt“, sagt Parsons.

Lieber kleine Vögel als wehrhafte Ratten: Katzen wagen sich nur im Notfall an eine Ratte. © Vassiliy Vishnevskiy/ iStock.com

Hinzu kommt: Katzen sind alles andere als erfolgreiche Rattenjäger – und haben auch meist gar keine Lust dazu, wie die Videodaten zeigten. Während der 79 Tage der Beobachtung versuchten die Katzen nur 20 Mal, überhaupt eine Ratte zu jagen. Dabei gaben sie in den meisten Fällen schon nach kurzer Zeit auf. Erfolg hatten die Katzen nur zwei Mal – und das auch nur deshalb, weil die Ratten überrascht und in die Enge getrieben waren.

Die Ratten gewinnen

„Wir sagen nicht, dass Katzen grundsätzlich keine Stadtratten jagen, aber die Bedingungen müssen stimmen“, erklärt Koautor und Schädlingsbekämpfer Michael Deutsch. Denn Hauskatzen investieren nicht mehr Aufwand in ihre Nahrungssuche als nötig und bevorzugen daher meist kleinere, weniger wehrhafte Beutetiere wie Mäuse oder Singvögel. „Nicht umsonst sagt man den New Yorker Ratten nach, sie hätten vor nichts Angst und seien so groß wie Katzen“, so Deutsch.

Im Duell Katze gegen Ratte ist es daher meist der Nager, der gewinnt – zum einen, weil sie sich gar nicht erst erwischen lassen und zum anderen, weil Katzen keine sonderlich hohe Erfolgsquote bei der Rattenjagd haben. „Die Katzen müssen schon sehr hungrig sein und kein anderes, weniger riskantes Futter finden. Zudem benötigen sie das Überraschungselement, um überhaupt Erfolg zu haben“, erklärt Deutsch.

Nach Ansicht der Forscher ist es daher ziemlich nutzlos, Katzen gezielt als Helfer gegen eine Rattenplage einzusetzen. Statt die Ratten zu jagen, gefährden die freilaufenden Katzen nur Singvögel und andere nützliche Kleintiere – und entwickeln sich so selbst zu einer ökologischen Plage. (Frontiers in Ecology and Evolution, 2018; doi: 10.3389/fevo.2018.00146)

(Frontiers, 28.09.2018 – NPO)

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