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Archäologie

Ältester Beleg für Käse in Südeuropa

Menschen im Mittelmeerraum stellten das Milchprodukt bereits vor über 7.000 Jahren her

Die Fundstätte Pokrovnik: Hier stießen die Forscher auf Belege für die Herstellung von Käse. © Andrew M.T. Moore

Steinzeitliche Käsepioniere: Archäologen haben in Kroatien den bisher ältesten Beleg für die Herstellung von Käse im Mittelmeerraum entdeckt. Fettrückstände in alten Tongefäßen zeigen: Bereits vor 7.200 Jahren produzierten und bevorrateten frühe Farmer dort dieses Milchprodukt. Das Lebensmittel könnte eine wichtige Energiequelle für sie gewesen sein – und sogar ihre Ausbreitung in Richtung Nordeuropa begünstigt haben, wie die Forscher berichten.

Als die Menschen in Europa vor 9.000 Jahren begannen, die Landwirtschaft für sich zu entdecken, hatte dies merkliche Auswirkungen auf ihren Speiseplan. Von nun an landete nicht nur stärkereiches Getreide häufiger bei unseren Vorfahren auf dem Teller. Erstmals hatten sie unter anderem auch regelmäßig Zugang zu tierischer Milch.

Die schnelle Verderblichkeit dieses Nahrungsmittels brachte die frühen Farmer irgendwann auf die Idee, die Milch haltbar zu machen: durch die Herstellung von Käse. Das Milchprodukt wurde schon vor Jahrtausenden sogar Toten mit ins Grab gegeben, wie eine ägyptische Mumie und eine in der Wüste Taklamakan entdeckte Mumie mit Käsekette belegen. Funde von Milchrückständen in Gefäßen legen nahe, dass Menschen im Mittelmeerraum bereits vor 5.000 Jahren Käse produzierten und bevorrateten.

Restaurierte Tongefäße: In solchen Behältern lagerten die frühen Farmer auch Käse und andere Milchprodukte. © McClure et al., 2018

Verräterische Fettsäuren

Doch wie sich nun zeigt, reichen die Anfänge der Käseproduktion in der Mittelmeer-Region sogar noch weiter in die Vergangenheit zurück. Wissenschaftler um Sarah McClure von der Pennsylvania State University in University Park haben bei der Untersuchung von Tonscherben aus archäologischen Fundstätten in Kroatien den bisher ältesten Beleg für die Herstellung von Käse im Süden Europas entdeckt.

Für ihre Studie analysierten die Forscher Überreste unterschiedlicher Gefäße aus den steinzeitlichen Dörfern Pokrovnik und Danilo Bitin. Dabei stießen sie auf Fettrückstände, die sie mithilfe von Isotopenanalysen genauer untersuchten. Das Ergebnis: Neben Fettsäuren aus Fleisch und Fisch ließen sich eindeutig Fette von fermentierten Milchprodukten nachweisen. Ab circa 5.200 vor Christus fanden sich demnach immer wieder solche Käserelikte in den Proben.

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Käse als Ernährungsvorteil

Dies bedeutet, dass die Käseproduktion bereits vor 7.200 Jahren im Mittelmeerraum etabliert war. Unseren Vorfahren könnte dies damals entscheidende Vorteile gebracht haben, wie McClure und ihre Kollegen betonen. So war Milch aufgrund ihres hohen Nährstoff- und Kaloriengehalts ein wertvolles Lebensmittel, das in Form von Käse lagerbar und damit besser verfügbar wurde.

Außerdem sank durch die Verarbeitung der Laktosegehalt – ein Zucker, den ein Großteil der frühen Farmer genetischen Studien zufolge noch nicht vertrug. Auch der vor 5.300 Jahren gestorbene Gletschermann Ötzi war laktoseintolerant. Durch Käse und andere Milchprodukte konnten sich Menschen aller Altersschichten dennoch mit wichtiger Energie versorgen. Womöglich sank dadurch sogar die Kindersterblichkeit, so die Vermutung der Wissenschaftler.

Ausbreitung gen Norden

McClure und ihr Team glauben: Erst derart gut genährt konnten die frühen Farmer das Risiko eingehen, sich in kältere Gefilde vorzuwagen – und sich in Zentral- und Nordeuropa ausbreiten. Im Zuge ihrer Migrationsbewegungen verbreiteten die steinzeitlichen Käsepioniere ihr Wissen dann über den gesamten Kontinent.

„Die Produktion von Milchprodukten lässt sich bei fast allen frühen Farmergemeinschaften im zentralen und nördlichen Europa nachweisen“, schreibt das Forscherteam. (PLOS One, 2018; doi: 10.1371/journal.pone.0202807)

(PLOS/ Pennsylvania State University, 06.09.2018 – DAL)

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