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Biologie

Usutu-Virus: Vogelsterben greift um sich

Tropische Viruskrankheit tötet mehr Amseln in Deutschland als je zuvor

Gesunde Amsel - diese Vogelart ist besonders häufig vom tödlichen Usutu-Virus betroffen. © Francesco Veronesi/ CC-by-sa 2.0

Fataler Mückenstich: Immer mehr Vögel in Deutschland sterben am tropischen Usutu-Virus. Die durch Mücken übertragenen Infektion hat sich diesem Jahr weiter in Deutschland ausgebreitet, wie die Naturschutzorganisation NABU berichtet. 1.500 Usutu-Verdachtsfällle sind seit Anfang 2018 bereits gemeldet worden. Vor allem Amseln sind von dieser tödlichen Krankheit betroffen, eine Behandlung oder Heilung gibt es nicht.

Den Anfang machten tote Amseln am Oberrhein: Seit 2011 grassiert in Deutschland das Usutu-Virus, ein von Stechmücken übertragener tropischer Erreger, der eine für Vögel tödliche Krankheit auslöst. Infizierte Vögel wirken krank, apathisch, flüchten nicht mehr und sterben meist innerhalb weniger Tage. Fast immer sind es Amseln, bei denen diese Krankheit festgestellt wird, weshalb die Usutu-Epidemie auch als „Amselsterben“ bekannt wurde. Allerdings werden auch andere Vogelarten von diesem Virus befallen.

In den letzten Jahren hat sich das Usutu-Virus zunehmend über Deutschland ausgebreitet. Waren in den ersten Jahren lediglich wärmebegünstigte Regionen entlang des Rheintals und am Untermain betroffen, stellen Forscher seit 2016 eine Ausbreitung über Nordrhein-Westfalen nach Norden und in Richtung Bayern fest. Im Raum Leipzig und Berlin wurde zudem ein separater Ausbruch festgestellt.

Neue Gebiete und mehr Fälle

Im Jahr 2018 sind nun neue Regionen hinzugekommen, wie NABU-Vogelschutz-Experte Lars Lachmann berichtet. Betroffen sind nun erstmals auch die Gegend um Nürnberg sowie zwischen Bremen und Hamburg. Auch die Zahl der infizierten Vögel steigt. „Wir haben in diesem Jahr bereits 1.500 Meldungen von Usutu-Verdachtsfälle erhalten, knapp zwei Drittel davon alleine im August“, so Lachmann. „Die 2018 bisher gemeldeten Fälle übertreffen die Zahlen aus den Vorjahren deutlich, was für ein besonders starkes Auftreten und für einen Verbreitungssprung des Virus spricht.“

Am Usutu-Virus erkrankte Amsel © Michael Beusch/ NABU

Ornithologen und Tropenmediziner konnten seit 2011 feststellen, dass immer dann besonders viele Vögel verenden, wenn das Virus erstmals in einer Region auftritt, wie derzeit um Nürnberg, Bremen und Hamburg. In den Folgejahren sinken die Todeszahlen dann auf ein niedrigeres Niveau. Lachmann: „Der warme Sommer dieses Jahres dürfte die Ausbreitung des ursprünglich tropischen Virus begünstigt haben“, sagt Lachmann.

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Kranke Vögel melden und einschicken

Für die betroffenen Vögel gibt es meist keine Rettung: „Leider kann man Usutu-Infektionen weder verhindern noch behandeln“, sagt Lachmann. „Es bleibt lediglich die einmalige Chance zu nutzen, die Auswirkungen einer für Deutschland neuen Vogelkrankheit auf wildlebende Vogelarten zu dokumentieren und deren Folgen abzuschätzen.“ NABU und Tropenmediziner bitten die Bevölkerung deshalb, kranke oder verendete Tiere im Internet zu melden und möglichst zur Untersuchung einzusenden.

Entsprechende Untersuchungen nehmen das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg (BNI) sowie manche veterinärmedizinischen Untersuchungsämter vor. Tote Vögel sollen nur mit Schutzhandschuhen oder einer umgestülpten Plastiktüte gegriffen werden. Für Menschen besteht nach derzeitigem Kenntnisstand keine gesundheitliche Gefahr durch bei Stechmücken-Stichen übertragene Usutu-Viren.

Ziel der Analysen ist es, neuartige Gefährdungsursachen für Vogelarten mit anderen Bedrohungen wie Klimawandel und Lebensraumverlust vergleichen und beurteilen zu können. Denn um die tatsächliche Ausbreitung des Virus dokumentieren zu können, ist es wichtig, möglichst viele Verdachtsfälle im Labor bestätigen zu können.

(NABU, 22.08.2018 – NPO)

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