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Klima

Klimawandel macht Holz leichter

Durch geringere Holzdichte speichern Bäume weniger CO2 als gedacht

Leichteres Holz bedeutet auch weniger gespeichertes CO2. © Maksym Golovinov/ iStock.com

Größer und leichter: Bäume wachsen durch den Klimawandel nicht nur schneller – ihr Holz ist auch mit weniger Substanz gefüllt. Wie eine Analyse europäischer Holzproben zeigt, hat die Holzdichte in den vergangenen 100 Jahren bereits um acht bis zwölf Prozent abgenommen. Das bedeutet auch: Die Bäume speichern weniger Kohlendioxid in ihrem Holz als gedacht. Traditionelle Schätzungen könnten ihre jährliche Speicherkapazität demnach um Millionen Tonnen überschätzt haben.

Neben all seinen negativen Folgen hat der Klimawandel zumindest einen positiven Effekt: Er kurbelt das Pflanzenwachstum an. Das bedeutet zum einen, dass unser Planet grüner wird – und zum anderen, dass die schneller wachsenden Bäume mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnehmen und in ihrem Holz speichern. Ihre Rolle als Puffer für das schädliche Treibhausgas scheint sich somit ausgerechnet durch die Erderwärmung zu verstärken. Doch ist die Rechnung wirklich so einfach?

Jahresringe im Blick

Dieser Frage sind nun Wissenschaftler um Hans Pretzsch von der Technischen Universität München nachgegangen. Um nachzuvollziehen, wie sich der Klimawandel in den vergangenen 150 Jahren auf die Bäume ausgewirkt hat, untersuchten sie Holz von gängigen europäischen Arten wie Fichte, Kiefer, Buche und Eiche. Die Proben stammten von den ältesten Waldversuchsflächen, die es in Europa gibt.

Mithilfe einer modernen Hochfrequenzsonde analysierte das Forscherteam jeden einzelnen Jahresring von mehreren hundert Pflanzen – insgesamt mehr als 30.000 Baumringe. „Mit unserem Analyseverfahren messen wir das spezifische Gewicht des Holzes in einer Genauigkeit und Auflösung, die bis vor Kurzem nicht denkbar war“, berichtet Pretzsch.

Mehr Volumen, weniger Substanz

Die Ergebnisse zeigten: Wie erwartet hat sich das Volumenwachstum der Bäume in Mitteleuropa in den vergangenen Jahrzehnten deutlich beschleunigt. Seit 1900 haben die Bäume demnach je nach Art um 29 bis 100 Prozent an Tempo zugelegt. Doch darüber hinaus hat sich im gleichen Zeitraum noch etwas verändert: Das Holz ist leichter geworden – um acht bis zwölf Prozent.

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Mit anderen Worten: Auch wenn heute mehr Holzvolumen produziert wird, ist es inzwischen mit weniger Substanz gefüllt als noch vor einigen Jahrzehnten. Der Grund für diesen Effekt sei nicht nur das schnellere Wachstum selbst, wie die Wissenschaftler betonen. „Diesen Effekt haben wir berücksichtigt. Die Abnahme der Holzdichte, von der wir sprechen, hat jedoch andere Ursachen“, sagt Pretzsch.

Geringere Stabilität

So legen die Untersuchungen nahe, dass die geringere Holzdichte mit dem langfristigen Temperaturanstieg und der damit verbundenen Verlängerung der Vegetationszeit zusammenhängt. Daneben könnten auch die Stickstoffeinträge aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie zu dem Effekt beitragen. Auf diese Zusammenhänge deuten den Forschern zufolge etwa ein Rückgang der Spätholzdichte und eine Zunahme des Frühholzanteils in den Jahresringen hin.

Die überraschenden Beobachtungen sind gleich in zweierlei Hinsicht schlechte Nachrichten. Erstens ist leichteres Holz weniger stabil und sein Brennwert ist geringer. Dies ist für zahlreiche Verwendungen entscheidend, vom Holzbau bis zur energetischen Nutzung. Zugleich steigert weniger stabiles Holz in lebenden Bäumen das Risiko von Schadereignissen wie Wind- und Schneebruch in Wäldern.

Pufferwirkung überschätzt

Zweitens, und das ist für Praxis und Politik wohl das wichtigste Ergebnis, bedeutet die Studie: Die aktuelle klimawirksame Kohlenstoffbindung der Wälder wird überschätzt – denn sie wird mit veralteten Holzdichten berechnet. „Immer noch führt das beschleunigte Wachstum zu einem Mehr an Kohlenstoffbindung. Auf die Wälder Mitteleuropas hochgerechnet liegt die traditionelle Schätzung aber um zehn Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr zu hoch“, schließt Pretzsch. (Forest Ecology and Management, 2018; doi: 10.1016/j.foreco.2018.07.045)

(Technische Universität München, 16.08.2018 – DAL)

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