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Biologie

Hitzewellen verändern Böden nachhaltig

Bodenbakterien und ihre Netzwerke bleiben noch Monate danach beeinträchtigt

Ausgetrocknet: So ähnlich sehen in diesem Sommer viele Wiesen, Parks und Weiden aus. Für die Böden könnte dies noch Momante später Konsequenzen haben. © Mimikry11/ CC-by-sa 3.0

Anhaltende Wirkung: Die aktuelle Hitzewelle könnte unsere Böden länger beeinträchtigen als bisher angenommen. Denn wie ein Experiment enthüllt, schadet die Trockenheit besonders den Bodenbakterien und ihren ökologisch wichtigen Netzwerken – und dies nicht nur während der Dürre, sondern noch Monate danach. Weil sich auf Wiesen und Wiesen zudem die Graszusammensetzung verschiebt, könnten Hitzewellen sogar dauerhafte Spuren hinterlassen, so die Forscher.

Böden sind nicht nur ein ökologisch wichtiger Lebensraum, sie gehören auch zu den wichtigsten Akteuren im Klimasystem. Denn in ihnen finden die Abbauprozesse statt, die Pflanzen ihre Nährstoffe bereitstellen und je nach Zustand entweder Kohlenstoff einlagern oder CO2 freisetzen. Entscheidend für diese Funktionen des Bodens sind Bodenbakterien und Pilze, deren Netzwerke die Böden durchziehen.

„Jahrhundertsommer“ im Gewächshaus

Wie aber reagieren diese so wichtigen Bodenbewohner auf Dürren und Hitzewellen? Angesichts der Tatsache, dass solche Wetterextreme durch den Klimawandel immer häufiger werden, ist dies eine für die Ökologie, aber auch die Landwirtschaft entscheidende Frage. „Viele Studien haben bereits demonstriert, dass solche Klimaextreme erhebliche Auswirkungen auf die mikrobiellen Gemeinschaften des Bodens haben können“, berichten Franciska de Vries von der University of Manchester und ihre Kollegen.

Doch wie sich die Mikroben-Netzwerke im Boden durch eine Dürre wie in diesem Sommer genau verändern und wer dabei Gewinner oder Verlierer sind, war kaum bekannt. Um das zu klären, haben die Forscher ein Langzeit-Experiment im Gewächshaus durchgeführt. Dafür säten sie typische Gräser in aus Wiesen entnommene Erde und ließen diese zwei Jahre lang wachsen. Im zweiten Jahr setzten sie die Hälfte der Grasflächen einer Jahrhundert-Dürre aus – ähnlich wie sie in diesem Jahr in vielen Teilen Europas herrscht.

Bodenbakterien sind für die ökologische Funktion der Böden unverzichtbar. Doch gerade sie leiden nachhaltig unter Dürren und Hitzewellen. © iStock.com

Bakterien leiden noch nach der Dürre

Es zeigte sich: Während die Pilze im Boden die Dürre überraschend gut überstanden und sogar davon profitierten, war dies bei den Bodenbakterien nicht der Fall: Ihre Artenvielfalt und Menge sank während der Trockenperiode rapide ab, wie die Forscher berichten. Gleichzeitig veränderte sich die Struktur der bakteriellen Netzwerke in den Böden erheblich. „Sie entwickelten Merkmale, die auf eine geringe Stabilität bei Störungen hindeuten“, so die Wissenschaftler.

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Das Entscheidende jedoch: Auch nachdem die Böden wieder genügend Wasser bekamen, erholten sich die Bakteriengemeinschaften nicht – im Gegenteil. Noch zwei Monate später waren die Mikrobenanzahl und deren Aktivität deutlich verringert. Dadurch waren auch ökologische Funktionen der Böden wie die Stickstoffbindung und die Bodenatmung noch lange nach der Dürre messbar verändert und beeinträchtigt, wie die Forscher berichten.

Wechselwirkung mit Vegetation

Ein weiterer, nachhaltiger Effekt der Dürre war eine veränderte Artenzusammensetzung der Vegetation: Schnellwachsende Grasarten wie das Wiesen-Knäuelgras (Dactylis glomerata) vertrugen die Trockenheit besser. Sie breiteten sich daher stärker aus und verdrängten im Laufe der Zeit das langsamer wachsende Ruchgras (Anthoxanthum odoratum), wie de Vries und ihre Kollegen beobachteten.

Das wiederum wirkte sich auf die Bakteriengemeinschaften im Boden darunter aus. „Der Wechsel zu einer Dominanz des schnellwachsenden Grases hatte langanhaltende direkte und indirekte Effekte auf die bakteriellen Netzwerke und Gemeinschaften“, so die Forscher. „Umgekehrt können die dürrebedingten Veränderungen im Bodenmikrobiom auch die Pflanzenzusammensetzung anhaltend verändern.“ Wenn sich Hitzewellen und Dürren in Zukunft noch stärker häufen, dann könnte dies demnach die Biologie der Böden und Wiesen grundlegend beeinträchtigen und verändern.

„Nicht so resilient, wie wir dachten“

„Der diesjährige heiße und trockene Sommer ist ein Weckruf, denn er ist ein Vorgeschmack auf die Wetterbelastungen, die noch kommen werden“, sagt de Vries. „Unsere Arbeit hat gezeigt, dass solche Sommerdürren die Bodenbiologie nachhaltig verändern. Die Bakteriengemeinschaften im Boden sind nicht so widerstandsfähig und resilient, wie wir dachten.“ Das habe auch für die Landwirtschaft und die Sicherung der Nahrungsmittelversorgung eine enorme Bedeutung.

Bisher haben die Forscher ihr Experiment nur für Grasland durchgeführt. Wie andere Böden auf Dürren reagieren und vor allem wie lange diese Reaktion dann nachwirkt, müssen nun weitere Studien klären. (Nature Communications, 2018; doi: 10.1038/s41467-018-05516-7)

(University of Manchester, 06.08.2018 – NPO)

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