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Geowissen

Sonnensturm störte Hurrikanhilfe

Stärkster Strahlenausbruch seit 2005 unterbrach Radiokommunikation für Stunden

Ausgerechnet während Hurrikan Irma gab es auf der Sonne mehrere extrem starke Strahlenausbrüche - mit Folgen für den irdischen Funkverkehr. Hier ein Flare der Klasse X8.2 am 10. September 2017, aufgenommen vom Solar Dynamics Observatorium (SDO) der NASA. © NASA

Funkstille in der Karibik: Als im Herbst 2017 gleich drei Hurrikans über die Karibik zogen, tobte auch auf der Sonne ein Megasturm – mit Folgen auf der Erde. Denn der solare Strahlenausbruch unterbrach die Radiokommunikation von Rettungskräften und freiwilligen Helfern mehrere Stunden lang. Auch der Hochfrequenzfunk des Schiffs- und Flugverkehrs war gestört, wie Forscher berichten.

Anfang September 2017 zogen gleich drei Wirbelstürme hintereinander vom Atlantik in die Karibik und auf die Südostküste der USA zu: die Hurrikans Irma, Katia und José. Vor allem der Wirbelsturm Irma hinterließ dabei eine Spur der Verwüstung und verursachte so viele Schäden in der Karibik wie zuvor kein anderer Hurrikan. Vor allem auf der Insel Barbuda stand so gut wie kein Haus mehr, die Versorgung mit Strom, Trinkwasser und Benzin war auf den meisten Karibikinseln zusammengebrochen.

Mega-Flares auf der Sonne

Doch noch während in der Karibik die ersten Rettungs- und Bergungseinsätze begannen und Helfer per Funk Warnmeldungen zur Zugbahn des Sturms sowie der Lage auf den Inseln meldeten, tobte auch anderswo ein verheerender Sturm: auf der Sonne. Zwischen 6. und 10. September ereigneten sich dabei mehrere starke Plasma- und Strahlenausbrüche, darunter zwei Flares der Klasse X8 und X9.

Eruption eines Klasse X9.3-Flares und eines X2.2-Flares am 6. September 2017 © NASA/GSFC, SDO

„Zusammen waren diese explosiven Ereignisse die energiereichsten des gesamten aktuellen Sonnenzyklus“, berichten Ramon Redmon von den National Centers for Environmental Information der NOAA in Boulder und seine Kollegen. Die harte Strahlung dieser Sonnenstürme erreichte die Erde nach wenigen Minuten und drang bis in die Ionosphäre vor – der Schicht, die unter anderem für die kurzwellige Funkkommunikation entscheidend ist.

Erst Rauschen und dann gar nichts mehr

Die Folge: Die Radiowellen des Funkverkehrs wurden von der Ionosphäre absorbiert, statt wie sonst von ihrer Grenze zur Erde zurückgeworfen zu werden. Als Folge war der hochfrequente Funkverkehr gestört – es traf genau die Frequenzen, auf der die Signale von Schiffen, Flugzeugen und dem Notfall-Funkverkehr übertragen werden.

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„Man kann einen eintreffenden solaren Flare hören“, erklärt US-Amateurfunker Bob Graves. „Es klingt wie brutzelnder Speck in der Pfanne, mit jeder Menge Statikrauschen, dann hört man plötzlich gar nichts mehr.“ Was für ihn nur lästig war, wurde am 6. und 10. September in der Karibik zum Problem: Denn jeweils für mehrere Stunden brach durch den Sonnensturm die Funkverbindung zu den sturmgeplagten Inseln fast vollständig ab.

Hurrikans Katia, Irma und José in der Karibik am 8. Sptember 2017 © NOAA

Funkstille bei Hurrikanhelfern

„Diese Unterbrechungen hätten zu keiner ungünstigeren Zeit kommen können“, berichtet Graves, der vom Festland aus die Hochfrequenzkommunikation in der Karibik verfolgte. Die stundenlange Funkstille zwang freiwillige Helfer und Rettungskräfte, zeitweilig ohne Kontakt zu Leitstellen oder anderen Teams zu arbeiten. Die Betroffenen auf den Inseln, die teilweise nur über Amateurradios Kontakt hatten, blieben über Stunden ohne aktuelle Wetterinformationen oder Nachrichten von der Außenwelt.

„Dieses ungünstige Zusammentreffen von Erdwetter und Weltraumwetter hat die Situation in der Karibik noch verschärft“, so Redmon. Die Funkstörungen trafen aber auch den Flugverkehr. So verschwand ein französisches Frachtflugzeug, das am 6. September vor der Küste Brasiliens und Französisch-Guyana unterwegs war, 90 Minuten lang im Funkloch – und löste entsprechenden Alarm bei der Luftüberwachung aus. Auch der Funkverkehr der Schifffahrt war am 6. September über Stunden gestört, wie die US-Ozeanbehörde NOAA meldete.

Verletzliche Zivilisation

Wie die Forscher betonen, unterstreichen diese Ereignisse, wie anfällig unsere moderne Gesellschaft gegenüber Sonnenstürmen ist. Selbst wenn Satelliten heute oft schon gut abgeschirmt oder mit Notausschaltungen versehen sind, kann ein starker Sonnensturm die Kurzwellen-Kommunikation und auch die Stromnetze empfindlich stören. Entsprechend wichtig sei eine schnelle und rechtzeitige Warnung vor solchen Sonnenstürmen.

„Die Sonne hat uns mal wieder daran erinnert, dass sie da ist“, kommentiert Mike Hapgood vom Rutherford Appleton Laboratory in England. „Die Sonne war die letzten zehn Jahre sehr ruhig. Dies erinnert uns daran, nicht selbstzufrieden zu werden.“ (Space Weather, 2018; doi: 10.1029/2018SW001897)

(American Geophysical Union, 01.08.2018 – NPO)

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