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Technik

Klimawandel bedroht Internet

Allein in den USA könnten tausende Kilometer Leitungen und Knotenpunkte überflutet werden

Ein Großteil der Internet-Infrastruktur liegt nahe der küstennahen Ballungsräume - das könnte Probleme geben. © imaginima/ iStock.com

Schleichende Gefahr: Der steigende Meeresspiegel gefährdet auch das Internet, wie eine US-Studie enthüllt. Denn gerade in Küstennähe liegen besonders viele Datenleitungen und Knotenpunkte – und diese sind oft nicht wasserdicht. Schon in 15 Jahren könnte daher ein großer Teil dieser Internet-Infrastruktur dem steigenden Meer zum Opfer fallen. Besonders betroffen wären unter anderem US-Zentren wie New York, Miami und Seattle, so die Wissenschaftler.

Glasfaserleitungen und ihre Knotenpunkte bilden heute das Rückgrat des weltweiten Internets. Sie verbinden Kontinente, sorgen aber auch für die Datenübertragung zwischen Städten und innerhalb von Ballungsräumen. Weil die meisten großen Ballungsräume in Küstennähe liegen und dort auch die transozeanischen Seekabel ankommen, ist gerade dort auch besonders viel Netz-Infrastruktur konzentriert. Allein in den USA sind tausende Kilometer Glasfaserkabel in den Küstenregionen verlegt.

Nicht wasserdicht

Das Problem: Zwar sind die am Meeresgrund verlaufenden Seekabel durch ihre mehrteiligen Schutzhüllen wasserdicht. Das gilt aber nicht für die Landepunkte und die entlang der Küsten vergrabenen Glasfaserleitungen und Knotenpunkte. Diese sind zwar wasserfest, aber nicht vollständig dicht, wie Carol Barford von der University of Wisconsin-Madison und ihre Kollegen erklären. Einer kompletten Überflutung können sie daher nicht standhalten.

Um herauszufinden, ob und wie stark diese Internet-Infrastruktur durch die steigenden Meeresspiegel gefährdet ist, haben die Forscher für die USA die Lage von küstennahen Glasfaserleitungen und Anschlussstellen mit den Prognosen zum kommenden Meeresspiegelanstieg abgeglichen. Es ist die erste Studie zu möglichen Risiken für die Internet-Infrastruktur durch Klimawandel-Folgen, wie sie berichten.

Im Jahr 2033 von Wasser überflutete Internet-Infrastruktur im Untergrund von New York City (blau schattiert) © Paul Barford/University of Wisconsin-Madison

Unter Wasser schon im Jahr 2033

Das Ergebnis: Einige der Hauptknotenpunkte und Leitungen des weltweiten Internets sind stärker gefährdet als bisher angenommen. Denn schon im Jahr 2033 könnten allein in den USA fast 6.500 Kilometer Glasfaserleitungen überflutet sein, wie die Analysen ergaben. Zusätzlich wären 1.100 Internet-Knotenpunkte von Wasser eingeschlossen. „Alle Landepunkte der transozeanischen Seekabel werden ebenfalls schon in kurzer Zeit unter Wasser liegen“, berichtet Barford.

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„Das hat selbst uns überrascht“, so die Forscherin. „Denn die Erwartung war, dass wir noch mindestens 50 Jahre Zeit haben, um uns auf diesen Ernstfall vorzubereiten. Aber diese 50 Jahre haben wir nicht.“ Werde nichts unternommen, könnten die meisten Schäden schon deutlich früher auftreten als lange angenommen.

Weltweite Folgen

Am stärksten betroffen wären unter anderem die US-Metropolen New York City, Miami und Seattle. Denn sie liegen unmittelbar an der Küste und die in diese Ballungsräume führenden Datenleitungen liegen schon jetzt nur knapp über dem Meeresspiegel. „Als diese Leitungen vor 20 bis 25 Jahren verlegt wurden, hat man sich über den Klimawandel und den Meeresspiegelanstieg noch keine Gedanken gemacht“, so Barford.

Bis 2033 gefährdete Netz-Infrastruktur in Miami. © Paul Barford/ UW-Madison

Sollten die Datenleitungen und Knotenpunkte ausfallen oder geschädigt werden, wären die Folgen weltweit zu spüren, wie die Wissenschaftler betonen. Denn gerade die Gateways der US-Ballungsräume und ihre Verbindungsleitungen bilden wichtige Zentren der internationalen Netz-Infrastruktur. Hinzu kommt, dass die Daten in diesen Regionen in wenigen Hauptleitungen zusammenströmen. Fallen diese Flaschenhälse aus, könnte auch die weltweite Internetkommunikation einbrechen, so die Forscher.

Handeln dringend nötig

„Das ist ein Weckruf: Wir müssen dringend darüber nachdenken, wie wir dieses Problem angehen können“, betont Barford. Denn viel Zeit bleibe nicht mehr, um die Netzinfrastruktur gegen künftige Überflutungen zu schützen. In einigen Fällen könnte schon bessere Deiche und andere Hochwasserschutzmaßnahmen ausreichen. „Damit können wir uns ein wenig Zeit erkaufen. Allerdings ist es schwer, das Meer auf Dauer in Schach zu halten“, sagt die Forscherin. „

Auch die Leitungen und Knotenpunkte selbst müssten daher besser gegen eindringendes Wasser geschützt werden. „Der erste Ansatz wird sein, die Infrastruktur selbst entsprechend auszurüsten“, sagt Barford. (Applied Networking Research Conference, 2018)

(University of Wisconsin-Madison, 17.07.2018 – NPO)

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