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Genetik

Warum Eichen steinalt werden

Stieleichen-Genom lüftet Geheimnis um die Langlebigkeit dieser Bäume

150 Jahre alte Eichen im Forêt domaniale de Bercé in Frankreich © INRA/ Didier Bert

Sie können uralt werden: Eichen erreichen leicht ein Alter von mehreren hundert Jahren – Forscher haben nun die genetischen Grundlagen für diese erstaunliche Langlebigkeit entschlüsselt. Sie fanden im Genom der Stieleiche Hinweise auf gleich zwei wichtige Methusalem-Eigenschaften. Demnach besitzt diese Baumart zum einen besonders viele Resistenzgene, die sie vor schädlichen Einflüssen schützen. Zum anderen treten bei der Pflanze seltene somatische Mutationen auf – diese könnten einzelnen Bäumen einen Selektionsvorteil verschaffen, wie das Team berichtet.

Bäume nehmen einen zentralen Platz in unserem Kultur- und Naturerbe ein. Sie sind in der Landschaft allgegenwärtig und leisten Menschen unbezahlbare Dienste. Ihre Langlebigkeit und ihre Fähigkeit, Umweltveränderungen zu überstehen, machen sie zu wichtigen Symbolen sakraler, mystischer und künstlerischer Darstellungen. In Deutschland ist vor allem die Eiche mit dieser symbolträchtigen Bedeutung behaftet. Sie gilt schon seit der Zeit der Germanen als Zeichen für Standhaftigkeit und Unsterblichkeit.

Wissenschaftler um Christophe Plomion von der Université de Bordeaux in Cestas haben sich nun mit den genetischen Grundlagen der Langlebigkeit dieses Baumes beschäftigt. Sie sequenzierten das Genom der in Europa weit verbreiteten Stieleiche (Quercus robur). Diese Art wird auch Deutsche Eiche genannt und ist eine von insgesamt 400 bekannten Eichenspezies.

Insgesamt 26.000 Gene

Die Untersuchung des Erbguts ergab, dass es 26.000 Gene enthält. 51 Prozent davon bestehen aus springenden genetischen Elementen – DNA-Sequenzen, die ihre Position innerhalb des Genoms ändern können. Zudem ist mit 36 Prozent ein ungewöhnlich hoher Anteil in aneinander gereihten Gengruppen organisiert, während es bei anderen Pflanzen im Durchschnitt lediglich 15 Prozent sind.

Diese auch Tandemduplikation genannte Vervielfältigung von Gengruppen tritt vor allem bei wichtigen Resistenzgenen auf, wie die Forscher berichten. Als Folge verfügt das Eichengenom über besonders zahlreiche und vielfältige Varianten solcher Erbgutsequenzen, die die Pflanze widerstandfähig machen. Mit ihrer Hilfe kann sie sich etwa gegen Pilze, Insekten, Bakterien oder Viren wehren.

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Mutationen als Diversitätsmotor

Neben dieser Eigenschaft scheint eine weitere Besonderheit zur Langlebigkeit der Eiche beizutragen. So offenbarten die Analysen, dass bei der Stieleiche einige seltene somatische Mutationen auftreten, die an die nächste Generation vererbt werden können. Solche genetischen Veränderungen treten während des Wachstums mehrzelliger Organismen auf – und kommen in langlebigen Bäumen gehäuft vor.

Welche Rolle die nun bei der Stieleiche entdeckten Mutationen konkret für ihre Langlebigkeit spielen, ist zwar noch unklar. Das Wissenschaftlerteam geht aber davon aus, dass dieser Motor der Diversität einzelnen Pflanzen einen Selektionsvorteil verschafften kann.

Weit verbreitete Anpassungskünstler

„Diese zwei genomischen Merkmale geben uns Hinweise darauf, warum Bäume, die so vielen biotischen Wechselwirkungen ausgesetzt sind, es schaffen, sich in Europa großräumig zu verbreiten“, sagt Mitautorin Sylvie Herrmann vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Dieses Wissen könne künftig dabei helfen, weitere Geheimnisse dieser Pflanzen zu lüften: „Wir wollen untersuchen, wie sich Waldbäume als langlebige Organismen an Umweltänderungen anpassen“, schließt die Forscherin. (Nature Plants, 2018; doi: 10.1038/s41477-018-0172-3)

(Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, 20.06.2018 – DAL)

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