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Nanotechnologie

Mikrokugeln als Laser

Neuartiger Mikrolaser funktioniert sogar in Blut und Körpergewebe

Jedes dieser nur fünf MIkrometer kleinen Kügelchen ist ein winziger Laser und sendet infrarotes und blaues kohärentes Licht aus. © Angel Fernandez-Bravo

Kleiner als ein rotes Blutkörperchen: Forscher haben eine extrem kleine und gleichzeitig besonders schonende Laser-Form entwickelt. Ihr Laserlicht wird von beschichteten Mikrokugeln produziert, die kleiner sind als eine menschliche Zelle. Das Spannende daran: Diese Mikrolaser benötigen nur schwache Infrarotstrahlung zur Anregung und strahlen sogar in Blut und anderen Flüssigkeiten. Das eröffnet unter anderem neue Anwendungen in der Medizin, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Nanotechnology“ berichten.

Laser sind heute aus Technik, Forschung und Alltag kaum mehr wegzudenken – entsprechend optimiert ist ihre Leistung inzwischen. Forschern ist es bereits gelungen, für bestimmte Anwendungen sowohl extrem feine Laserstrahlen als auch besonders kurze Laserpulse zu erzeugen.

Miniaturisierung mit Tücken

Ein nächstes großes Ziel ist es nun, Laser so klein zu machen, dass sie auf Mikrochips oder innerhalb des menschlichen Körpers eingesetzt werden können. Dadurch müsste das Laserlicht nicht mehr von außen zugeführt werden, sondern könnte vor Ort, beispielsweise in einer Zelle oder einem Gewebe produziert werden und dort gezielt Prozesse anstoßen oder Implantate aktivieren.

Das Problem: Ein Laserstrahl entsteht erst, wenn die Photonenemission im Lasermedium durch eine Art Kettenreaktion verstärkt wird – und diese ist bei sehr kleinen Lasern nicht leicht zu provozieren. „Die reduzierte Größe der Laser-Kavität erhöht die optischen Verluste und erfordert größere Eingabeenergien, um die Schwelle zur Laserlicht-Produktion zu erreichen“, erklären Angel Fernandez-Bravo vom Lawrence Berkeley National Laboratory und seine Kollegen.

Bisherige Mikrolaser arbeiteten daher entweder nur in Pulsen oder benötigten so viel Aktivierungsenergie, dass lebendes Gewebe in ihrem Umfeld zerstört würde.

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Eine der beschichteten Mikrokugeln unter dem Elektronenmikroskop. Rechts: Querschnitt der Nanopartikelhülle. © Angel Fernandez-Bravo/ Berkeley Lab

Zufallsentdeckung in Nanolabor

Doch nun ist es Fernandez-Bravo und seinem Team gelungen, dieses Problem zu umgehen. Entdeckt haben sie dies durch einen glücklichen Zufall: Die Forscher experimentierten mit transparenten Polymerkügelchen, die eigentlich als Kontrastmittel für Hirnscans optimiert werden sollten. Dafür beschichteten sie die fünf Mikrometer kleinen Kügelchen mit Nanopartikeln aus Natrium-Yttrium-Fluorid, die mit dem Lanthanoid Thulium dotiert waren.

Als die Forscher die beschichteten Kügelchen nun mit Infrarot-Laserlicht bestrahlten, stellten sie Überraschendes fest: Die durch die Bestrahlung angeregten Kugeln gaben nicht nur Infrarotstrahlung ab, sondern auch kürzerwelliges, blaues Licht – und dies kohärent und mit hoher Intensität. Die Bestrahlung hatte die Mikrokügelchen offenbar zu winzigen Lasern gemacht, die noch dazu mit erstaunlich geringen Aktivierungsenergien funktionierten.

Hochgetunt und verstärkt

Das Geheimnis dieser Mikrolaser ist die Kombination aus den durchsichtigen Kügelchen und ihrer Nanopartikel-Hülle. Wenn das anregende Infrarotlicht auf die Hülle trifft, regt es die Thulium-dotierten Nanopartikel an. Diese geben daraufhin ihrerseits Strahlung ab, die aber eine kürzere Wellenlänge hat. Diese „Upconversion“ wandelt Infrarotlicht der Wellenlänge 1.064 Nanometer in Photonen mit 800 und mit 450 Nanometern Wellenlänge um, wie die Forscher erklären.

Wird die Mikrokugel von Infrarotlicht getroffen, zirkulieren die Photonen im Inneren, bis sie als Laserlciht austreten. Rechts: Simulation des optischen Felds im Inneren. © Angel Fernandez-Bravo/ Berkeley Lab, Kaiyuan Yao

Nun folgt der entscheidende Schritt: Die von der Nanopartikelhülle abgegebenen Photonen dringen in das durchsichtige Innere der Polymerkügelchen ein, kommen aber zunächst nicht wieder heraus: Sie werden immer wieder an der Innenwand des Kügelchens reflektiert und reichern sich so an – das Licht wird verstärkt. Die Forscher vergleichen diesen Effekt mit den schallverstärkenden „Flüstergalerien“ in manchen historischen Gebäuden.

Überschreitet dieser photonische „Flüstergalerie-Effekt“ in den Kügelchen eine bestimmte Schwelle, kommt es zur stimulierten Emission: Aus den Kügelchen tritt Laserlicht aus.

Funktionieren sogar in Blut

Das Besondere daran: Die kugeligen Mikrolaser strahlen nicht in Pulsen, sondern kontinuierlich und mehr als Stunden lang. „Die meisten anderen Nanopartikel-basierten Laser heizen sich schnell auf und halten nur Minuten“, berichtet Koautor James Schuck vom Berkeley Lab. „Unsere Laser dagegen bleiben an.“ Zudem benötigt der Kügelchen-Laser nur eine Anregungsenergie von 14 Kilowatt pro Quadratzentimeter. Das sei weniger als je zuvor bei einem Nanopartikel-Laser dokumentiert, so die Forscher.

Und noch einen großen Vorteil haben die neuen Mikrolaser: Sie funktionieren sogar in lebendem Gewebe. „Wir haben die Kügelchen in Blutserum getaucht, wodurch sie mit Proteinen überzogen wurden“, berichtet Schucks Kollege Bruce Cohen. Diese stabilisierten die Nanopartikelhülle und ermöglichten die Laseremission sogar in Wasser und Zellflüssigkeit, wie Experimente ergaben.

Anwendungen in Medizin und Computertechnik

Nach Ansicht der Wissenschaftler könnten ihre Mikrolaser neue Anwendungen in Medizin und Bioforschung eröffnen. „Ihre einfache Herstellung und Lagerung, kombiniert mit ihrer Fähigkeit, auch in biologischen Medien und Flüssigkeiten stundenlang zu funktionieren, erlaubt ihren Einsatz bei der in vivo Bildgebung, als Sensoren und für optogenetische Forschungen“, so die Forscher. Auch in Computerchips könnten sich diese neuen Mikrolaser integrieren lassen. (Nature Nanotechnology, 2018; doi: 10.1038/s41565-018-0161-8)

(DOE/Lawrence Berkeley National Laboratory, 19.06.2018 – NPO)

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