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Chemie

Bio-Spray vergrault Blattläuse

Forscher entwickeln unbedenkliche Alternative zu konventionellen Insektiziden

Gut zur Pflanze, gut zu Bienen und Co: Das Spray ist ökologisch unbedenklich. © Zbynek Pospisil/ iStock.com

Statt Chemiecocktail: Forscher haben eine Alternative zu konventionellen Insektiziden entwickelt. Ihr Mittel aus einem Inhaltsstoff der Tabakpflanze schreckt potenzielle Schädlinge durch einen üblen Geruch ab, anstatt sie zu vernichten. Daher ist das Insektizid für Bienen und andere nützliche Insekten nicht gefährlich – schützt Pflanzen aber trotzdem effektiv vor Blattlausbefall.

Synthetisch hergestellte Pflanzenschutzmittel geraten immer wieder in die Kritik. Denn die Chemie-Cocktails vernichten nicht nur Schädlinge, sondern gefährden oft auch Bienen und andere Insekten – Lebewesen, die der Landwirtschaft durch ihre Bestäubungsleistung nützliche Dienste leisten. Aus diesem Grund hat die Europäische Union erst kürzlich den Freilandeinsatz von drei besonders umstrittenen Insektiziden aus der Gruppe der Neonicotinoide verboten.

Ganz ohne Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung werden Landwirte allerdings auch in Zukunft nicht auskommen: Es sind Alternativen gefragt. Thomas Brück von der technischen Universität München und seine Kollegen könnten eine solche Alternative nun gefunden haben. Sie haben ein Insekten-Abwehrmittel entwickelt, das biologisch abbaubar und ökologisch unbedenklich ist.

Abschreckender Geruch

Der Ansatz: Anstatt schädliche Insekten zu töten, hält das Mittel diese einfach von den zu schützenden Gewächsen fern. Dafür hüllt es die Pflanzen in einen Nebel aus übelriechenden Duftstoffen. Das Prinzip sei ähnlich wie bei Mückensprays, die Badegäste im Sommer auftragen, berichten die Forscher.

Für ihre duftende Abwehrstrategie ließen sie sich von der Tabakpflanze inspirieren. Diese erzeugt in ihren Blättern Cembratrienol, kurz CBT-ol. Mit diesem Molekül schützt sich die Pflanze vor Schädlingen – der Wirkstoff schreckt sie ab. Um ihn für ihr Insektizid verwenden zu können, isolierten die Wissenschaftler zunächst diejenigen Abschnitte aus dem Genom der Tabakpflanze, die für die Bildung der CBT-ol-Moleküle verantwortlich sind.

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Blattläuse halten sich von mit CBT-ol behandelten Weizenkeimlingen (rechts) fern. © W. Mischko/ TUM

Schutz vor Läusen

Anschließend bauten sie diese in das Erbgut von Escherichia-coli-Bakterien ein. Gefüttert mit Weizenkleie, einem Nebenprodukt aus Getreidemühlen, produzieren die genetisch veränderten Bakterien nun den gewünschten Wirkstoff. Dieser lässt sich dann mithilfe der Trennungschromatographie aus der Nährlösung gewinnen.

Erste Untersuchungen belegen, dass das CBT-Spray für Insekten ungiftig ist – und Pflanzen trotzdem wirksam vor Blattläusen schützt. Weil es biologisch abbaubar ist, reichert es sich zudem nicht im Erdboden an. „Mit unserem Ansatz ermöglichen wir einen fundamentalen Wechsel im Pflanzenschutz“, sagt Brück. „Statt Gift zu versprühen, das immer auch nützliche Arten gefährdet, vergrämen wir gezielt nur die Schädlinge.“

Auch gegen Bakterien wirksam

In Zukunft könnten jedoch nicht nur Pflanzen von dem neuen Mittel profitieren. Denn weitere Tests offenbarten, dass das Mittel auch gegen grampositive Bakterien wirksam zu sein scheint. Nach Ansicht des Forscherteams eignet es sich daher auch als Desinfektionsspray, das spezifisch gegen Krankheitserreger wie Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae oder Listeria monocytogenes wirkt. (Green chemistry, 2018; doi: 10.1039/C8GC00434J)

(Technische Universität München, 07.06.2018 – DAL)

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