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Physik

Atomuhren bestätigen Einsteins „Fahrstuhl“

Uhrenvergleich belegt lokale Positionsinvarianz aus der Allgemeinen Relativitätstheorie

Mit seinem Fahrstuhl-Gedankenexperiment beschrieb Einstein die Grundprinzipien seiner Relativitätstheorie. © Volyk, jenastock/iStock.com; HG: NASA

Einstein behält recht: Ein Experiment mit Atomuhren hat eines der Grundprinzipien von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie bestätigt. Der lokalen Positionsinvarianz zufolge dürfen Ort und Zeit – beispielsweise in einem fallenden Fahrstuhl – nicht die Ergebnisse von gravitationsunabhängigen physikalischen Experimenten beeinflussen. Tatsächlich gelang es mit dem Atomuhrentest, die Positionsinvarianz fünfmal präziser zu messen als bisher, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Physics“ berichten.

Die Allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein bildet bis heute eine Basis unseres physikalischen Weltbilds. In ihr beschrieb der Physiker nicht nur die Gravitation als Krümmung der Raumzeit, er postulierte auch die Wirkung dieser Kraft auf Massen, Licht und andere physikalische Größen.

Die Sache mit dem Fahrstuhl

In seinem berühmten Fahrstuhl-Gedankenexperiment illustrierte Einstein dabei grundlegende Prinzipien seiner Allgemeinen Relativitätstheorie: Er stellte sich einen Fahrstuhl vor, der im Vakuum des Alls in freiem Fall nach unten fällt. Alle Objekte im Inneren dieses Fahrstuhls, so seine Theorie, werden dabei gleich stark beschleunigt – egal ob Feder oder Bleigewicht. Das besagt das schwache Äquivalenzprinzip.

Ebenfalls am Fahrstuhl lässt sich die lokale Positionsinvarianz (LPI) demonstrieren: Sie besagt, dass alle anderen physikalischen Merkmale der Objekte im Fahrstuhl unabhängig von Ort und Zeit gleich bleiben. „Das Ergebnis jedes nicht-gravitionsbezogene Experiment muss daher unabhängig von der Position und Orientierung des Referenzrahmens sein, in dem das Experiment durchgeführt wird“, erklären Neil Ashby und seine Kollegen vom US National Institute of Standards and Technology (NIST) in Boulder.

Atomuhren an der PTB in Braunschweig haben mitgeholfen, eines der Prinzipien von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie zu überprüfen. © Physikalisch-Technische Bundesanstalt

Atomuhrenvergleich als Test

Konkret bedeutet dies: Die Frequenzen, mit denen beispielsweise Atome in einer Atomuhr von einem in den anderen Energiezustand wechseln, dürften nicht voneinander abweichen, wenn sich die Schwerkraft um sie herum verändert. Genau dies haben die Forscher nun anhand von acht Cäsium-Atomuhren und vier Wasserstoff-Masern überprüft. Dafür analysierten sie die „Tickrate“ dieser Uhren über 14 Jahre hinweg.

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Der Clou dabei: Die Erde lässt sich bei ihrer Bahn um die Sonne mit Einsteins Fahrstuhl vergleichen, wie die Forscher erklären. Dieser Erdfahrstuhl „fällt“ gewissermaßen durch das Gravitationsfeld der Sonne und ist dabei wechselnden Schwerkrafteinflüssen ausgesetzt. Gilt Einsteins lokale Positionsinvarianz, dürften diese Einflüsse jedoch das „Ticken“ der Cäsium-Atomuhren nicht anders verändern als das der Wasserstoff-basierten Maser-Uhren.

„Wenn sich zwei Uhren verschiedener interner Struktur durch ein Gravitationspotenzial bewegen, muss ihr Frequenzverhältnis konstant bleiben“, so Ashby und seine Kollegen.

Die Erde als Einsteins Fahrstuhl © K. Rechin/NIST

Relativitätstheorie – wieder einmal – bestätigt

Und tatsächlich: In ihrem Atomuhren- Vergleich blieben die relativen „Tickraten“ – und damit die lokale Positionsinvarianz bis auf 0,000000224 gleich. Dies engt den Bereich möglicher Abweichungen von diesem Prinzip fünfmal genauer ein als bisherige Messungen. Und es spricht dagegen, dass die Positionsinvarianz gebrochen wird.

„Das setzt strikte Limits für die Variation fundamentaler Konstanten und stellt einen Test der Allgemeinen Relativität von bisher unerreichter Präzision dar“, berichten die Forscher. Der von Einsteins Theorie postulierte Wert für die LPI müsste eigentlich bei Null liegen. Doch dieser ist angesichts von Messungenauigkeiten experimentell nicht erreichbar, so Ashby und seine Kollegen.

Atomuhren der nächsten Generation, die auf Ytterbium oder Strontium-Atomen basieren, könnten jedoch aufgrund ihrer höheren Frequenzen künftig die Ergebnisse noch weiter einengen. (Nature Physics, 2018; doi: 10.1038/s41567-018-0156-2)

(National Institute of Standards and Technology (NIST), 06.06.2018 – NPO)

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