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Medizin

Mückenspucke wirkt tagelang nach

Stich der Blutsauger löst anhaltende Abwehrreaktionen im gesamten Körper aus

Die inzwischen auch bei uns verbreitete Stechmücke Aedes aegypti ist Überträger vieler Krankheiten - doch schon ihr Speichel allein stört unser Immunsystem. © CDC

Stich mit Folgen: Wenn uns eine Mücke sticht, kann das unser gesamtes Immunsystem tagelang empfindlich stören. Denn der Speichel der Stechmücken enthält Substanzen, die die Immunabwehr in Alarmbereitschaft versetzen, wie Forscher herausgefunden haben. Selbst in weit entfernten Organen und Geweben werden dadurch Abwehrreaktionen ausgelöst. Sie sind sogar eine Woche nach dem Stich noch nachweisbar. Das könnte erklären, warum einige Krankheiten nach Mückenstichen besonders gravierend verlaufen.

Ihr beständiges Summen nervt und ihre Stiche können höllisch jucken – doch Mücken sind oft mehr als einfach nur lästig. 750.000 Menschen sterben weltweit jedes Jahr als Folge eines Mückenstichs, weil die Blutsauger in ihrem Speichel gefährliche Krankheitserreger tragen. Malaria, Zika-Infektion, Dengue- und West-Nil-Fieber: All diese Erkrankungen werden durch Mücken übertragen.

Mücken und Mäuse

Dabei scheinen die Minivampire Viren, Plasmodien und Co nicht einfach nur weiterzugeben. Offenbar können sie den Verlauf einer Infektion sogar zusätzlich verschärfen. So zeigen Studien mit Mäusen, dass durch Mückenstiche ausgelöste Erkrankungen oftmals schlimmer sind, als wenn derselbe Erreger mit einer Nadel injiziert wird. Könnte der Speichel der Insekten für diesen Effekt verantwortlich sein? Immerhin enthält Mückenspucke hunderte Proteine, deren Wirkweise zum Teil gar nicht bekannt ist.

Megan Vogt vom Baylor College of Medicine in Houston und ihre Kollegen haben diesen Zusammenhang nun genauer unter die Lupe genommen. Dafür untersuchten sie den Effekt von Mückenstichen auf Mäuse, denen mithilfe von Blutstammzellen Bestandteile eines menschlichen Immunsystems übertragen worden waren. Jeder Nager wurde von vier Mücken der Art Aedes aegypti in die Pfoten gestochen. Dann hieß es abwarten.

Komplexe Immunreaktion

Wie würde das Abwehrsystem nach sechs Stunden, einem und sieben Tagen reagiert haben? Das Ergebnis: Obwohl die Mücken keinen Krankheitserreger in sich getragen hatten, zeigten sich bei den Mäusen eine Reihe von Immunreaktionen. So war die Zahl von T-Helferzellen verändert und die Konzentration von Cytokinen im Blut erhöht – Botenstoffe, die die Immunabwehr koordinieren. Zudem stellten die Forscher erhöhte Werte natürlicher Killerzellen, Monozyten, Makrophagen und weiterer Immunzellen fest.

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Demnach scheint das menschliche Immunsystem tatsächlich von bestimmten Proteinen im Speichel der Mücken in Alarmbereitschaft versetzt zu werden. Besonders erstaunlich dabei: Selbst sieben Tage nach dem Stich ließen sich diese Reaktionen noch nachweisen – und zwar in unterschiedlichen Gewebetypen, einschließlich Blut, Haut und Knochenmark.

Bedeutsam auch für Allergien

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Immunantwort des Menschen auf den Mückenspeichel signifikant und komplex ist“, sagen Vogt und ihre Kollegen. „Die Tatsache, dass diese Effekte bis zu sieben Tage nach dem Stich anhalten, ist dabei besonders interessant – und im Zusammenhang mit Allergien auch besorgniserregend.“ Gleichzeitig könnte diese umfassende Reaktion des Immunsystems auch erklären, warum einige Erreger nach einer Übertragung per Mückenstich besonders schwerwiegende Krankheitsbilder auslösen, beispielsweise das Knochenmark oder Gehirn befallen.

„Wenn wir verstehen, wie Mückenspeichel mit dem menschlichen Immunsystem interagiert, erhalten wir wichtige Einblicke in die Pathogenese – und womöglich neue Ansätze für Therapien“, schließt das Team. (PLOS Neglected Tropical Diseases, 2018; doi: 10.1371/journal.pntd.0006439)

(PLOS, 18.05.2018 – DAL)

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