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Klima

Klima: Böden als CO2-Schleudern

Bodenkohlenstoff reagiert sensibler auf globale Erwärmung als bisher gedacht

Ein internationales Wissenschaftlerteam hat jetzt erstmals gezeigt, wie der Erdboden weltweit eine mögliche Klimaerwärmung verkraften würde. Danach reagiert der Kohlenstoff im Boden sensibler auf höhere Temperaturen als bisher erwartet und liefert zusätzliches Treibhausgas in die Atmosphäre. Die Ergebnisse lassen eine noch schnellere Erwärmung des Weltklimas erwarten als bisher angenommen.

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Nach Angaben der Wissenschaftler würden Mikroorganismen organisches Material in den Böden schneller zersetzen und dadurch zusätzliches Kohlendioxid freisetzen, das den Klimawandel weiter beschleunigt. Das Forscherteam vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, der Universität Bristol, England, und des Nationalen Zentrums für Atmosphärenforschung in Boulder, USA, berichtet über seine Entdeckungen in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature.

Weltweit befindet sich so viel Kohlenstoff in den Böden, dass sich bei seiner plötzlichen Freisetzung der Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre sofort verdrei- oder sogar vervierfachen würde. Auch wenn ein solch abruptes Szenario extrem unwahrscheinlich ist, würde schon eine sich allmählich beschleunigende Zersetzung in Folge der globalen Klimaerwärmung – chemische Reaktionen verlaufen bei höheren Temperaturen schneller – zusätzliche Mengen an Kohlendioxid in die Atmosphäre entlassen und das Klima weiter anheizen.

In letzter Zeit häufen sich Berichte, wonach sich die für die Kohlenstoffzersetzung im Boden verantwortlichen Mikroorganismen allmählich an die wärmeren Bedingungen gewöhnen und die Abbaurate dabei an die höheren Temperaturen anpassen würden. Die Folge wäre, dass das Kohlendioxid in praktisch konstanten Raten freigesetzt würde. Solche Vorhersagen widersprechen jedoch lang etablierten Gesetzen der physikalischen Chemie, nach denen zusätzliche Wärme die Abbaurate chemischer Prozesse stets beschleunigt.

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Neue globale Klimamodelle notwendig

Dem Forscherteam ist es nun gelungen, diesen Widerspruch aufzulösen und mit theoretischen Vorhersagen in Einklang zu bringen. Konkret haben die Wissenschaftler nachgewiesen, dass der scheinbar einfache biologische Anpassungsmechanismus im Boden in Wirklichkeit simplen Regeln der Physik folgt. Es zeigte sich, dass der scheinbar rätselhafte Verlauf des Kohlenstoff-Abbaus bei Erwärmung auf die enorme Bandbreite chemischer Eigenschaften des organischen Bodenkohlenstoffs zurückzuführen ist. Dessen Eigenschaften reichen von zuckerähnlichen labilen Verbindungen bis zu kohleartigen stabilen Komplexen, die für Mikroorganismen schwerer abbaubar sind. Diese extreme Mischung ganz unterschiedlich stabiler Verbindungen hatte bisher die Interpretation der Laborergebnisse erschwert.

Die Wissenschaftler wollen jetzt die neuen Erkenntnisse in komplexe globale Klimamodelle einbauen und die Auswirkungen eines schnelleren Abbaus des Bodenkohlenstoffs auf die Klimaerwärmung neu berechnen. Bisher berücksichtigen die Klimasimulationen nur die leichter messbaren Eigenschaften der labilen Bestandteile des Bodenkohlenstoffs. Man schätzt, dass etwa 90 Prozent des weltweit in den Böden enthaltenen Kohlenstoffs in der chemisch stabilen Variante vorliegt.

Die neuen Forschungsergebnisse sagen nun vorher, dass diese stabilen Anteile wesentlich sensibler auf die Klimaerwärmung reagieren, als die bisher betrachteten etwa zehn Prozent labilen Verbindungen. Die Folge: Bei einer globalen Erwärmung gelangt mehr zusätzliches Kohlendioxid in die Atmosphäre als bisher angenommen, und die Klimaerwärmung beschleunigt sich zusätzlich.

(idw – MPG, 25.01.2005 – DLO)

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