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Nanotechnologie

Nano-Einrad aus DNA konstruiert

Forscher entwickeln neuartigen Antrieb für Nanomaschinen

Modell der Nanomaschine: Die beiden ineinandergreifenden Ringe sind gut zu erkennen. In der Mitte befindet sich die T7-RNA-Polymerase. © Julián Valero

Nanomaschine mit Steuer: Forscher haben eine neuartige Nanomaschine aus DNA-Ringen entwickelt. Bei dem ungewöhnlichen Antriebssystem sondert ein gekoppeltes Enzym einen RNA-Faden ab, der die Maschine stetig vorwärts schiebt. Der Faden ermöglicht es auch, das winzige Einrad um Hindernisse herum zu steuern, so die Forscher.

Nanomaschinen liegen im Trend: Forscher haben bereits Nanoautos konstruiert, winkende Nanoroboter aus DNA und Elektromotoren aus nur einem Molekül. Sogar ein winziges U-Boot mit UV-Antrieb und Nano-Raketen mit Wasserstoff-Peroxid oder Harnstoff als Treibstoff düsen durch die Nanowelten. Viele dieser winzigen Vehikel basieren auf komplexen Proteinen und Nukleinsäuren, die sich – gespeist aus chemischer Energie – zielgerichtet bewegen können.

Enzym liefert „Treibstoff“

Julián Valero von der Universität Bonn und Kollegen haben nun aus solchen Molekülen eine winzige Maschine konstruiert, die sich auf neuartige Weise fortbewegt. Das nur 30 Nanometer große Gefährt basiert auf zwei ringförmigen DNA-Strukturen, die wie bei einer Kette ineinandergreifen. „Der eine Ring erfüllt die Funktion eines Rades, der andere treibt es wie ein Motor mit Hilfe von chemischer Energie an“, erklärt Valeros Kollege Michael Famulok.

Die T7-RNA-Polymerase schreibt die DNA-Sequenz des Rings in einen RNA-Strang um, der für den Antrieb sorgt. © Julián Valero

Den „Treibstoff“ für das Nanovehikel stellt ein Enzym bereit, T7-RNA-Polymerase genannt. Es ist an den Motor-Ring gekoppelt und synthetisiert anhand der DNA-Ringsequenz einen RNA-Strang. Die dabei frei werdende chemische Energie sorgt für die Drehbewegung des DNA-Ringes. „Mit fortschreitender Strecke wächst der RNA-Strang wie ein Bindfaden aus der RNA Polymerase heraus“, berichtet Valero. Dieser RNA-Faden ist nicht nur ein Abfallprodukt, sondern ermöglicht es den Forschern auch, die winzige Maschine auf der Teststrecke zu steuern.

Langsam, aber wendig

Auf ihrer ersten Probefahrt legte das Einrad etwa 240 Nanometer zurück. „Das war ein erster Aufschlag“, sagt Famulok. „Die Strecke lässt sich beliebig verlängern.“ Die Forscher wollen aber nicht nur die Reichweite des Mini-Motors verbessern, es sind auch Hindernisse auf der Strecke geplant. An eingebauten Abzweigungen, soll sich die Nanomaschine entscheiden, welchen Weg sie einschlägt. „Die Nanomaschine in die gewünschte Richtung zu bewegen, ist nicht trivial“, so Famulok.

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Mit bloßem Auge lassen sich die Probefahrten des Nano-Einrads nicht verfolgen. Erst mit einem Rasterkraftmikroskop, das einzelne Moleküle sichtbar machen kann, konnten die Forscher die Maschine sehen. Durch Fluoreszenz-Markierungen wiesen sie zunächst nach, dass sich das DNA-Rad tatsächlich drehte. Über fluoreszierende „Streckenposten“, die aufleuchteten, wenn das Einrad vorbeifuhr, ließ sich die Geschwindigkeit des Gefährts berechnen: Eine Umdrehung des Rades dauerte etwa zehn Minuten.

Nanomaschine baut sich selbst zusammen

Die Forscher bauen das winzige Einrad natürlich nicht mit Hammer und Schweißbrenner zusammen. Vielmehr erledigt sich die Konstruktion von ganz allein – durch Selbstorganisation. Wie in lebenden Zellen entstehen die gewünschten Strukturen spontan, wenn die entsprechenden Bestandteile zur Verfügung gestellt werden. „Dies funktioniert wie bei einem imaginären Puzzle“, erläutert Famulok. Jedes Puzzleteil passt genau zu seinem Wunschpartner, bringt man sie zusammen entsteht die gewünschte Struktur.

Das Team will demnächst noch komplexere Nanomotoren konstruieren. „Es handelt sich dabei um Grundlagenforschung“, sagt Famulok. „Wo sie hinführt, ist jetzt noch nicht genau abzusehen.“ Eine mögliche Anwendung wären Computer, die logische Schritte anhand von Molekülbewegungen vollziehen. Außerdem könnten winzige Maschinen Medikamente durch die Blutbahn zielgenau zu den gewünschten Wirkorten bringen. „Aber das sind noch Zukunftsvisionen“, sagt Famulok. (Nature Nanotechnology, 2018; doi: 10.1038/s41565-018-0109-z)

(Universität Bonn, 11.04.2018 – YBR)

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