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Medizin

Cannabis gegen die Sucht?

Nicht-psychoaktiver Hanf-Inhaltsstoff könnte beim "Cleanbleiben" helfen

Cannabis: gefährliche Droge und vielversprechendes Heilmittel zugleich © Pixabay

Schutz vor Rückfall? Der Hanf-Inhaltsstoff Cannabidiol könnte Drogen- und Alkoholabhängigen beim Kampf gegen ihre Sucht helfen. Das legt zumindest eine Studie mit Ratten nahe. Im Experiment reduzierte die nicht-psychoaktive Substanz die Rückfallquote vormals abhängiger Nager deutlich: Sie ließen sich in stressigen Situationen seltener zum Drogenkonsum verleiten, wie Forscher berichten. Ob dieser Hanf-Inhaltsstoff auch menschlichen Süchtigen helfen kann, muss sich aber erst noch zeigen.

Cannabis ist eine berauschende Droge, deren Konsum langfristig Nebenwirkungen wie den Ausbruch von Psychosen und ein erhöhtes Osteoporose-Risiko haben kann. Doch gleichzeitig hat Cannabis durchaus auch medizinisch positive Effekte. Vor allem der Hanf-Inhaltsstoff Cannabidiol (CBD), aber auch das für die Rauschwirkung verantwortliche Tetrahydrocannabinol (THC) lagern sich im Körper an spezielle Rezeptoren an und können Schmerzen lindern, Krämpfe lösen und beispielsweise die bei der Krebstherapie häufige Übelkeit mildern, wie Studien zeigen.

Eine weitere – auf den ersten Blick paradoxe – Wirkweise der Hanfpflanze haben nun Wissenschaftler um Gustavo Gonzalez-Cuevas vom Scripps Research Institute in La Jolla entdeckt: Offenbar kann Cannabis vormals Drogen- und Alkoholabhängigen dabei helfen, „clean“ zu bleiben. Dieser Effekt entfaltet sich allerdings nicht durch die üblicherweise konsumierten Pflanzenprodukte, sondern allein durch das nicht-psychoaktive Cannabidiol.

Ratten mit Suchtvergangenheit

Ein Gel mit diesem Wirkstoff trugen die Forscher für ihre Studie einmal täglich auf die Haut von Ratten auf. Die Nager hatten früher regelmäßig Alkohol oder Kokain konsumiert und ein Sucht-ähnliches Verhalten entwickelt, waren nun jedoch „clean“. Von Menschen mit Suchtvergangenheit ist bekannt, dass sie gerade in stressigen Situationen oder in Momenten, die sie mit dem Drogenkonsum in Verbindung bringen, leicht rückfällig werden. Wie würden die Tiere in solchen Situationen reagieren?

Es zeigte sich: Nach einwöchiger CBD-Behandlung ließen sich die Ratten in „gefährlichen“ Kontexten deutlich seltener zum Alkohol- oder Kokainkonsum verleiten als Artgenossen, denen das Cannabinoid nicht verabreicht worden war. Außerdem schienen diese Tiere im Vergleich weniger impulsiv und ängstlich zu sein, wie das Team berichtet.

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Erstaunlich langfristiger Effekt

Besonders überraschend dabei: Drei Tage nach Beendigung der Therapie war der Hanf-Inhaltsstoff im Blut sowie im Gehirn der Nager nicht mehr nachzuweisen – trotzdem schien er weiterhin zu wirken. So setzten die Wissenschaftler die Ratten fünf Monate später erneut Rückfall-fördernden Schlüsselreizen aus. Selbst nach dieser langen Zeit zeigten sich die mit CBD behandelten Ratten weniger anfällig als Kontrolltiere.

Welcher Mechanismus für diesen langfristigen Effekt verantwortlich ist, wissen die Forscher noch nicht: „Unsere Studie legt aber nahe, dass Cannabidiol therapeutisches Potenzial für die Behandlung von Drogenabhängigen haben könnte“, sagt Gonzalez-Cuevas Kollege Friedbert Weiss. Zukünftige Studien sollen nun zeigen, wie genau das Cannabinoid wirkt und ob es eines Tages womöglich beim Menschen zum Einsatz kommen kann. (Neuropsychopharmacology, 2018; doi: 10.1038/S41386-018-0050-8)

(Springer Nature, 27.03.2018 – DAL)

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