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Biotechnologie

Bier (fast) ohne Hopfen

Genmanipulierte Bierhefe erzeugt hopfiges Aroma ohne zusätzlichen Hopfenzusatz

"Hopfiges" Aroma durch Hefe statt Hopfen – dank Genmanipulation ist das jetzt möglich © aaron007/ iStock.com

Gentechnik machts möglich: US-Forscher haben Bier gebraut, das auch ohne Hopfen als Aromageber „hopfig“ schmeckt. Der Trick dahinter: Mithilfe der Genschere CRISPR/Cas 9 schleusten sie vier Zusatzgene in die Bierhefe ein. Dadurch erzeugte die Hefe die Hopfen-Aromen, die sonst nur durch Zusatz von Hopfen spät im Brauprozess entstehen. Ob dieses Gentechnik-Bier allerdings echte Bierkenner überzeugt, bleibt fraglich.

Bierbrauen hat eine lange Tradition: Schon vor 5.000 Jahren gab es Brauereien in China, die alten Ägypter tranken Bier als Medizin und auch die Gallier sind für ihre Liebe zum Gerstensaft bekannt. Heute sind die Grundzutaten fürs Bier vor allem Gerstenmalz, Wasser und Hopfen. Dieser wird meist zweimal im Brauprozess zugesetzt: Der erste Hopfen sorgt für die typische Bitternote, der zweite Zusatz für das „hopfige“ Aroma. Dieses wird vor allem von den ätherischen Ölen des Hopfens erzeugt.

„In den letzten zwei Jahrzehnten haben vor allem Biere mit hopfigem Geschmack stark an Beleibtheit gewonnen“, erklären Charles Denby von der University of California in Berkeley und seine Kollegen. Entsprechend stark ist die Hopfennachfrage gestiegen. Doch Hopfen hat einen Nachteil: Die Pflanze benötigt große Mengen Wasser zum Wachsen – ein halber Liter Bier benötigt allein für den Hopfen fast 25 Liter Wasser.

Bierhefe als Aromalieferant

Die Forscher fragten sich: Könnte man auch ein Bier brauen, das ohne die zweite Zugabe von Hopfen auskommt – und trotzdem „hopfig“ schmeckt? Um das zu erreichen, spannten die Wissenschaftler die Bierhefe als Helfer ein. Mithilfe der Genschere CRISPR/Cas9 schleusten sie vier zusätzliche Gene in das Erbgut der Hefe ein.

Die Hefe Saccharomyces cerevisia ist für das Bierbrauen, aber auch das Backen wichtig. © Masur/ gemeinfrei

Zwei dieser Gene stammten aus Minze und Basilikum und kodierten Enzyme, die die beiden Aromastoffe Geraniol und Linalool aus Vorstufen erzeugen. Zwei weitere Gene stammen aus der Hefe selbst und fördern die Produktion der Aromavorstufen, wie die Forscher berichten. Mithilfe der Genschere schleusten sie diese vier Gene samt einiger sogenannter Promoter in das Erbgut der Bierhefe ein.

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Sogar „hopfiger“ als echtes Hopfenbier

Jetzt folgte der Geschmackstest: Die Wissenschaftler baten einen befreundeten Bierbrauer, mit drei dieser genmanipulierten Hefestämme Bier zu brauen. Dabei nutzte er zwar Hopfen für die Maische und den Bittergeschmack, setzte aber keinen Hopfen in späteren Braustadien zu wie sonst üblich. Stattdessen sollte allein die Hefe für das Hopfenaroma sorgen. Wie gut diese Biere gelangen, testeten die Forscher anschließend bei einer Blindverkostung mit 27 Brauereiangestellten.

Das Ergebnis: Die Biere ohne zusätzlichen Hopfenzusatz wurden überraschenderweise sogar als besonders „hopfig“ bewertet. Die Tester beschrieben das Aroma als angenehm mit Noten von Orangenblüten und „Fruit Loops“. „Das war einer unserer ersten Geschmackstests – und gleich ziemlich ermutigend“, sagt Denbys Kollegin Rachel Li.

Defizite in der Aromenvielfalt

Im Land des Reinheitsgebots und der Gentechnikskepsis erscheint ein Bier mit Gen-Hefe fast schon wie ein Sakrileg. Doch die US-Forscher sehen in ihrer Methode einen Weg zu ganz neuen Möglichkeiten, „hopfiges“ Bier ohne zusätzlichen Hopfen zu brauen. „Meine Hoffnung ist, dass wir diese Technologie nutzen können, um Bier durch einen nachhaltigeren Prozess zu produzieren“, sagt Denby. Zudem seien diese Aromen konsistenter als beim Hopfen mit seinen schwankenden Gehalten an ätherischen Ölen.

Allerdings: „Wir wissen, dass der volle Geschmack, den das Bier durch das traditionelle Hopfen bekommt, auf einem weitaus komplexeren und vielfältigeren Bouquet von Aromamolekülen beruht als nur Geraniol und Linalool“, räumen die Forscher ein. Selbst wenn sie ihre Hefe dazu bringen, künftig noch weitere Hopfenaromen zu produzieren, bleibt daher fraglich, ob sich echte Bierkenner davon überzeugen lassen. (Nature Communications, 2018; doi: 10.1038/s41467-018-03293-x)

(University of California – Berkeley, 21.03.2018 – NPO)

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