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Medizin

Schilddrüse Schuld am Erschöpfungssyndrom?

CFS-Patienten produzieren weniger von wichtigen Schilddrüsenhormonen

Das Chronische Erschöpfungssysndrom ist mehr als einfach nur Schlappheit. © Nadofotos/ iStock.com

Neues Puzzlestück: Forscher haben einen weiteren biologischen Indikator für das mysteriöse Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) entdeckt. Demnach produzieren Patienten mit dieser Erkrankung deutlich weniger von bestimmten Schilddrüsenhormonen – darunter die wichtigen Botenstoffe Triiodthyronin und Thyroxin. Dieser Mangel könnte einige der typischen CFS-Symptome erklären. Die eigentliche Ursache des Leidens bleibt aber unklar.

Das Chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) ist mehr als einfach nur Schlappheit: Patienten mit dieser Erkrankung leiden an immer wiederkehrender enormer Erschöpfung, Muskelschmerzen und Schlafstörungen. Ihre Symptome sind unspezifisch und ohne erkennbare Ursache – nach wie vor hält sich deshalb das Vorurteil, das Leiden sei rein psychologisch bedingt oder gar pure Einbildung.

Doch das ändert sich langsam: Wissenschaftler finden immer mehr Hinweise auf mögliche biologische Gründe für die Erkrankung. So entdeckten sie bei CFS-Patienten klare Veränderungen im Immunsystem und in der Darmflora sowie Anomalien im Gehirn und bei zahlreichen Stoffwechselprodukten.

Mangel an Schlüsselhormonen

Forscher um Begoña Ruiz-Núñez vom Universitätsklinikum im niederländischen Groningen haben nun einen weiteren Biomarker für das Chronische Erschöpfungssyndrom ausgemacht: Schilddrüsenhormone. Ihnen war aufgefallen, dass einige der für CFS typischen Symptome auch bei Menschen mit Hypothyreose auftreten – einem meist durch eine Unterfunktion der Schilddrüse ausgelösten Mangel an bestimmten Hormonen. Womöglich, so die Vermutung, könnte die Hormondrüse daher auch für das Chronische Erschöpfungssyndrom eine Rolle spielen.

Um diese Hypothese zu überprüfen, untersuchte das Team 98 CFS-Patienten und 99 gesunde Kontrollpersonen. Dabei zeigte sich: Tatsächlich zirkulierten im Blutserum der Betroffenen deutlich geringere Mengen wichtiger Schilddrüsenhormone wie Triiodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Gleichzeitig verfügten die Patienten aber über normale Konzentrationen schilddrüsenstimulierender Hormone (TSH) – bei Patienten mit Hypothyreose versucht der Körper die Schilddrüse durch die Bildung solcher Botenstoffe anzuregen, im Fall von CFS passiert dies offenbar nicht.

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Inaktive statt aktive Form

Weitere Untersuchungen offenbarten, was bei der Hormonproduktion schiefläuft, zumindest im Fall von T3. Demnach wandelt der Körper von CFS-Patienten das Abbauprodukt des Thyroxins nicht in seine normale, sondern in eine biologisch inaktive Form um: das sogenannte reverse Triiodthyronin, wie die Wissenschaftler berichten.

Doch nicht nur der Hormonspiegel war bei den Studienteilnehmern mit Chronischem Erschöpfungssyndrom anders als bei den gesunden Probanden: Auch der über den Urin bestimmte Iodstatus war bei ihnen geringer. Zudem zeigten sich bei ihnen Anzeichen leichter, chronischer Entzündungen.

Neues Teil für ein großes Puzzle

Die Ergebnisse sprechen dem Team zufolge dafür, dass zahlreiche Stoffwechselfunktionen bei CFS aufgrund eines Mangels an Schilddrüsenhormonen gestört sind und nur verlangsamt ablaufen. Diese neu entdeckten Zusammenhänge könnten künftig dabei helfen, das noch längst nicht vollständige Puzzle zur Entstehung des Chronischen Erschöpfungssyndroms zu ergänzen – damit Forscher eines Tages das große Ganze erkennen.

„Unsere Studie belegt einen Zusammenhang zwischen CFS-Symptomen und niedrigen Konzentrationen von Schilddrüsenhormonen. Die eigentliche Ursache des Leidens bleibt aber unbekannt“, schreiben die Autoren in einer Mitteilung. Sie hoffen, dass weitere Forschung das ändert. Denn erst mit einem besseren Verständnis der Biologie von CFS werden sich auch Therapiemöglichkeiten für dieses Leiden eröffnen, von dem in Deutschland immerhin rund 300.000 Menschen betroffen sein sollen. (Frontiers in Endocrinology, 2018; doi: 10.3389/fendo.2018.00097)

(Frontiers, 21.03.2018 – DAL)

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