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Umwelt

Deutsche Flüsse: Mikroplastik überall

Kunststoff-Partikel im gesamten Einzugsgebiet von Rhein und Donau nachgewiesen

Der Rhein bei Düsseldorf: Sowohl der Rehein selbst als auch seine Nebenflüsse sind mit Mikroplastik kontaminiert. © T_abdelmoumen / CC-by-sa 2.0

Flächendeckend kontaminiert: Im gesamten Einzugsgebiet von Rhein und Donau sind die Flüsse mit Mikroplastik kontaminiert, wie die bisher umfangreichste Studie dazu belegt. Dabei dominieren im Flusswasser vor allem sehr kleine, unregelmäßig geformte Partikel. Überraschend jedoch: Rhein und Donau selbst sind weniger mit Mikroplastik belastet als ihre kleineren Nebenflüsse. Und entgegen den Erwartungen blieb die Konzentration im Flussverlauf etwa gleich – selbst in Ballungsräumen und Industriegebieten.

Das Problem ist bekannt: In unseren Flüssen, Seen und Meeren schwimmt immer mehr Mikroplastik. Die weniger als fünf Millimeter kleinen Kunststoffpartikel entstehen beim Zerfall von Plastikmüll, werden aber auch durch Kosmetika, Fleece-Kleidung und andere Quellen über unser Abwasser in die Gewässer gespült. Längst sind auch Lebensmittel wie Salz, Honig und Getränke mit Mikroplastik kontaminiert.

25 Flüsse untersucht

Wie viel Mikroplastik in Rhein, Donau und ihren Nebenflüssen schwimmt, hat nun eine Pilotstudie von Forschern aus fünf Bundesländern untersucht. Beide Flüsse gelten als hochgradig belastet, doch wie sich das Mikroplastik in ihnen und in ihrem Einzugsgebiet verteilt, war bisher unbekannt.

Für die Studie analysierten Forscher Wasserproben aus 52 Probenstellen an 25 Flüssen im Einzugsgebiet von Rhein und Donau. Die Analysen geben damit erstmals einen Überblick über das Vorkommen von Mikroplastikpartikeln vom Alpenvorland bis zum Niederrhein, vom Kleingewässer bis zu Deutschlands größtem Fluss.

Keine Probenstelle ohne Plastik

Das Ergebnis: Kein einziger beprobter Fluss war unbelastet. An allen Probenstellen wiesen die Wissenschaftler Mikroplastik nach – insgesamt fanden sie 4.335 Kunststoffpartikel, davon 99 Prozent

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kleiner als fünf Millimeter. Wie die Forscher berichten, dominierten unter diesem Mikroplastik die besonders winzigen Teilchen: Partikel mit einer Größe zwischen 0,02 und 0,3 Millimeter waren mit rund 62 Prozent am häufigsten vertreten.

Die Menge an Mikroplastik waren allerdings je nach Fluss und Probenstelle sehr unterschiedlich. Die niedrigste Konzentration fanden die Forscher am Rhein knapp südlich von Mainz mit 2,9 Partikel pro Kubikmeter Wasser. Die höchste Dichte hatte das Mikroplastik mit gut 214 Partikel pro Kubikmeter im Mündungsbereich der Emscher. Insgesamt liegen diese Werte damit in der gleichen Größenordnung wie Befunde aus vergleichbaren europäischen und nordamerikanischen Gewässern, so die Wissenschaftler.

Plastikpartikel in ausgewählten Fließgewässern West- und Süddeutschlands © Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie

Unerwartete Verteilung

Überraschend dabei: Entgegen landläufiger Annahme nimmt die Mikropartikel-Belastung des Wassers offenbar nicht mit dem Flussverlauf zu. „Die Partikelkonzentrationen innerhalb eines Gewässers bewegen sich häufig in einer vergleichbaren Größenordnung“, berichten die Wissenschaftler. Und auch drastische Anstiege in Ballungsräumen oder Industriegebieten habe man nur in Einzelfällen festgestellt – unter anderem in der Ruhr.

Unerwartet auch: Rhein und Donau selbst sind nicht die am stärksten belasteten Flüsse in ihrem Einzugsbereich. Stattdessen wurden höhere Partikelkonzentrationen vor allem in kleineren und mittleren Nebengewässern gemessen. „Im größten untersuchten Gewässer, dem Rhein, werden im Verhältnis dazu eher niedrige bis mittlere Konzentrationen gefunden“, so die Forscher. Sie vermuten, dass das größere Wasservolumen der großen Ströme für eine stärkere Vermischung und damit Abnahme der Partikelkonzentration sorgt.

Woher kommt das Mikroplastik?

Wie die Analysen ergaben, bestand gut die Hälfte aller identifizierten Kunststoffpartikel aus Polyethylen, rund ein Drittel aus Polypropylen. Diese Polymere sind die Kunststoffe, die den größten Marktanteil besitzen. Bei der Form des Mikroplastiks dominierten unregelmäßig geformte Partikel, die wahrscheinlich durch den Zerfall von größeren Kunststoffobjekten entstanden sind. Aber auch Plastikfasern und Kügelchen wiesen die Forscher nach.

„Die Fasern dürften auf Textilrückstände hindeuten, die sich beim Waschvorgang von Textilien lösen und über Kläranlagen in die Gewässer eingetragen werden“, so die Wissenschaftler. „Neben Textilien können die Fasern aber auch aus Baustoffen, Seilen oder Obstnetzen stammen und neben dem Abwasserpfad zum Beispiel über luftbürtige Einträge in Gewässer gelangt sein.“ Plastikkügelchen, auch Beads genannt, stammen dagegen häufig direkt aus Kosmetika-Rückständen oder Baustoffen.

„Auch wenn Ergebnisse aus einmaligen Probenahmen im Rahmen eines Pilotprojektes nicht überinterpretiert werden dürfen, kann mit diesem Datensatz ein guter erster Eindruck über das Vorkommen von Mikroplastik in Binnengewässern Süd- und Westdeutschlands gewonnen werden“, konstatieren die Forscher. “ Der Nachweis von Mikroplastik an allen untersuchten Messstellen weist auf eine ubiquitäre Präsenz dieser Fremdstoffe in der Umwelt und damit auf die Relevanz des Themas hin.“

Die Studie zum Download

(Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie, 16.03.2018 – NPO)

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