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Geowissen

Nordatlantik: Warme Sommer hemmen Umwälzpumpe

Stärkerer Einstrom von Schmelzwasser stört die winterliche Konvektion

Im Nordatlantik sitzt eine der Umwälzpumpen für die globale Ozeanzirkulation -und sie reagiert sensibel auf den Einstrom von zu viel Schmelzwasser. © NASA/GSFC

Gehemmte Pumpe: Besonders warme arktische Sommer können den „Motor“ der Ozeanzirkulation hemmen, wie Meeresforscher herausgefunden haben. Wenn im Sommer besonders viel Schmelzwasser in den Nordatlantik strömt, bildet dieses kalte Süßwasser eine Barriereschicht an der Oberfläche. Diese hemmt im Winter die Umwälzung des Meerwassers und damit den Prozess, der die Meeresströmungen antreibt. Über mehrere Jahre hinweg könnte sich dies aufschaukeln und die Ozeanzirkulation schwächen, so die Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“.

Der Nordatlantik ist eine Schlüsselregion für die großen Umwälzströme der Weltmeere. Denn hier kühlt sich im Winter das warme, salzhaltige Wasser aus dem Süden ab und sinkt in die Tiefe. Von dort strömt es wieder zurück Richtung Äquator und zieht neue Wassermassen nach. Doch dieser Motor der ozeanischen Zirkulation ist sensibel.

Schon länger deuten Studien daraufhin, dass sich die Umwälzpumpe durch den Klimawandel abschwächen könnte – und es in Ansätzen sogar schon tut. Demnach kann vermehrt einströmendes Schmelzwasser wegen seiner geringeren Dichte das Absinken des Wassers hemmen. Bisher wird ein Großteil dieses Wassers allerdings noch nach Süden weggeleitet, wie eine Studie vor Kurzem ergab.

Messungen vor Grönland

Jetzt jedoch haben Marilena Oltmanns und ihre Kollegen vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel neue Informationen über den Einfluss der Erwärmung auf die nordatlantische Umwälzpumpe gesammelt. Für ihre Studie werteten sie neben Satellitendaten auch Daten von verankerten und frei driftenden Messbojen in der Labradorsee und in der Irmingersee östlich von Grönland aus.

„Für verschiedene Zeiträume in den letzten 60 Jahren konnten wir wichtige Schlüsselprozesse miteinander verbinden: atmosphärische Schwankungen, wie die Nordatlantische Oszillation, Wasser- und Lufttemperaturen, das Auftreten von Frischwasserschichten und die Dauer der Konvektion“, erklärt Oltmanns.

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Blick vom Forschungsschiff auf die Irmingersee östlich von Grönland © Arne Bendinger/ GEOMAR

Barriereschicht aus Schmelzwasser

Die Auswertungen enthüllen: Besonders warme arktische Sommer wirken sich messbar auf die winterliche Umwälzströmung aus. Denn wenn im Sommer besonders viel Schmelzwasser von den grönländischen Gletschern ins Meer gelangt, legt sich dieses kalte, Süßwasser als stabile Schicht auf das von Süden herantransportierte warme, salzige Meerwasser.

Durch diese Barriereschicht kann das Meerwasser im Herbst und Winter weniger Wärme abgeben, das Oberflächenwasser bleibt dadurch wärmer und weniger dicht. Die Folge: Die für den Winter typische Durchmischung durch das Absinken von Oberflächenwasser in die Tiefe wird gehemmt. „Das bedeutet, dass die im Sommer entstandene Frischwasserschicht länger stabil bleibt und daher die Konvektion später einsetzt“, erklärt Oltmanns.

Sich aufschaukelnder Effekt?

Besonders gut konnten die Forscher diesen Effekt im Winter 2010/2011 beobachten: Nach einem der wärmsten jemals beobachteten Sommer in der Irmingersee, blieben 40 Prozent des sommerlichen Schmelzwassers an der Meeresoberfläche erhalten. Im folgenden Sommer wurde dieses kalte, wenig salzige Schmelzwasserschicht durch neu eintreffendes Frischwasser ergänzt.

Das Problem dabei: Folgen mehrere besonders arme arktische Sommer aufeinander, kann sich dieser Effekt addieren. „Dieser Effekt könnte so eine erhebliche Schwächung der Konvektion bedeuten – besonders bei global steigenden Durchschnitttemperaturen“, sagt Oltmanns. Wie groß jedoch die konkrete Gefahr für die Umwälzströmung ist und wie sich Schmelzwasser und Meerestemperaturen in Zukunft weiter entwickeln, ist bisher offen.

Ist der Nordatlantikstrom gefährdet?

Noch sei es zu früh, von einer akuten Gefahr für den Nordatlantikstrom zu sprechen, meint auch Florian Ziemen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg: „Es gibt viele Faktoren, die die Tiefenwasserbildung beeinflussen. Ein Wesentlicher ist der Salzgehalt der Oberflächenschichten, aber auch die darunterliegenden Schichten des Ozeans und Wind und Wetter spielen eine Rolle“, betont er in einem Kommentar.

Eines aber ist nach Ansicht der Forscher wichtig: Die Schlüsselstellen der globalen Ozeanzirkulation müssen dauerhaft im Auge behalten werden. „Nur durch langjährige Messprogramme kann die Verbindung zwischen den komplexen ozeanischen und atmosphärischen Prozessen identifiziert werden“, betont Koautor Johannes Karstensen. (Nature Climate Change, 2018; doi: 10.1038/s41558-018-0105-1)

(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 13.03.2018 – NPO)

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