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Energie

Wasserkraft als CO2-Schleuder?

Einige Staudamm-Projekte am Mekong setzen genauso viel CO2 frei wie fossile Brennstoffe

Der Ubol Ratana-Staudamm in Thailand gewinnt Strom aus der Aufstauung des Mekong-Flusses. Doch wie sieht seine Treibhausgas-Bilanz aus? © TrapperFrank/ CC-by-sa 3.0

Von wegen saubere Energie: Nicht jedes Wasserkraftwerk ist automatisch klimafreundlich, wie eine Studie aus dem Mekong-Gebiet in Asien unterstreicht. Vor allem große Reservoire, die vor ihrem Befüllen nicht von der Vegetation befreit wurden, können genauso viele Treibhausgase freisetzen wie Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen. Die Klimawirkung solcher Wasserkraftwerke müsse daher immer von Fall zu Fall beurteilt werden, betonen die Forscher.

Wasserkraft gilt allgemein als „saubere“, erneuerbare Energie. Denn die Turbinen solcher Kraftwerke werden von der Strömung oder dem Gefälle zwischen zwei Reservoiren angetrieben, fossile Brennstoffe sind dafür nicht nötig. Doch schon länger ist klar, dass gerade größere Talsperren und Staudämme erhebliche Eingriffe in die Natur darstellen. Im Amazonas-Gebiet drohen dadurch sogar irreversible ökologische Schäden, wie Forscher vor Kurzem warnten.

Doch ein Aspekt der Wasserkraft wurde bisher nur wenig untersucht: die Freisetzung von Treibhausgasen aus den Stauseen der Wasserkraftwerke. „Denn obwohl die Wasserkraft oft als klimafreundliche Energie-Option gilt, produzieren solche Reservoire auch Treibhausgase wie Methan, Kohlendioxid und Lachgas (N2O)“, erklären Timo Räsänen von der Aalto Universität und seine Kollegen.

Staudämme im Mekong-Gebiet als Beispiel

Wie hoch diese Emissionen von Stauseen sind, haben die Forscher nun am Beispiel des Mekong-Gebiets untersucht. Wegen der rasant wachsenden Wirtschaft in Südostasien sind dort in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Wasserkraftwerke gebaut worden. Für ihre Studie analysierten die Wissenschaftler für 64 existierende und 77 geplante Anlagen im Mekong-Gebiet die CO2- und Methan-Emissionen der Stauseen. Basis bildeten dabei Modelle typischer Emissionen von vergleichbaren Reservoiren und physikalische Modelle des Gasaustauschs zwischen Wasserfläche und Atmosphäre.

Treibhausgas-Emissionen und Energiedichte von 141 existierenden und geplanten Staudammprojekten am Mekong. © Räsänen et al./ Aalto University

Das Ergebnis: „Ein Großteil der Reservoire hat tatsächlich relativ niedrige Emissionen pro Energieeinheit“, berichten Räsänen und seine Kollegen. Mit Emissionsraten von im Median 26 Kilogramm CO2-Äquivalenten pro Megawattstunde lagen diese Wasserkraftwerke im Rahmen auch anderer erneuerbarer Energien. Nach Angaben der Forscher gehörten zu dieser Kategorie vor allem kleinere, bereits existierende Stauseen.

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So viel CO2 wie ein Gas- oder Kohlekraftwerk

Doch diese positive Bilanz galt nicht für alle: „Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Stauseen am Mekong mit hohen Emissionen“, betonen die Wissenschaftler. Immerhin 32 der 141 Reservoire stießen deutlich mehr CO2 und Methan aus als für erneuerbare Energien typisch. „15 dieser Stauseen produzierten zwischen 278 und 9.271 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Megawattstunde Strom“, so Räsänen und seine Kollegen. Das sei ähnlich viel wie bei Strom aus fossilen Brennstoffen.

Doch was steckt dahinter? Wie die Forscher feststellten, wurden meisten CO2 und Methan in den Stauseen frei, die eine besonders große Fläche bedeckten, in sehr warmen Bereichen des Mekong-Gebiets lagen und deren Ufer und umgebende Böden eine hohe Erosionsrate besaßen. Ein weiterer Faktor ist die ursprüngliche Vegetation in den von Stausee überfluteten Gebieten: Wird diese nicht zuvor entfernt, setzt sie beim Verrotten im Wasser große Mengen Treibhausgase frei.

Besonders viel CO2 und Methan werden freigesetzt, wenn alte Vegetation in den Stauseen langsam verrottet. © Aalto University

„Nicht per se klimafreundlich“

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Wasserkraft nicht grundsätzlich als Energieform mit niedrigen Emissionen betrachtet werden kann“, so Räsänen und seine Kollegen. „Denn ihre Emissionen können das Niveau von Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen erreichen.“ Es sei daher wichtig, jedes neu geplante Wasserkraftprojekt sorgfältig im Hinblick auf seine Treibhausgas-Emissionen zu analysieren – das gelte besonders für Anlagen in warmen Klimazonen.

„Unsere Studie könnte dabei helfen, schon im Vorhinein Staudammprojekte zu identifizieren, die potenziell hohe Treibhausgas-Emissionen haben werden“, sagen die Forscher. Dann könne man schon vorbeugend entsprechende Maßnahmen dagegen ergreifen. Dazu könnte beispielsweise die Verringerung der offenen Wasserfläche der Stauseen sein und vor allem die restlose Entfernung der Vegetation im später überschwemmten Gebiet. (Environmental Research Letters, 2018; doi: 10.1088/1748-9326/aaa817)

(Aalto University, 06.03.2018 – NPO)

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