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Umwelt

Fukushima: Uran im Fallout nachgewiesen

Mikropartikel aus Boden und Wasser enthalten langlebige Uran- und Zirkonium-Nuklide

Forscher bei der Probennahme in der Sperrzone um Fukushima Daiichi © Gareth Law

Langlebiger Fallout: Der Atomunfall von Fukushima könnte mehr Uran freigesetzt haben als gedacht. In Mikropartikeln aus dem Fallout haben Forscher nun zwei verschiedene Uranverbindungen nachgewiesen. Weil Uran eine extrem lange Halbwertszeit hat, könnte die radioaktive Kontamination demnach länger anhalten als bisher angenommen. Der Nachweis der Uranpartikel deutet zudem darauf hin, dass bei der Atomkatastrophe auch Teile des Kernbrennstoffs freiwurden.

Der Atomunfall im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi war einer der schwersten in der Geschichte der Kernenergie. Durch den Ausfall des Kühlsystems kam es zu einer Kernschmelze, bei Explosionen wurden große Mengen radioaktiver Nuklide freigesetzt. Bis heute ist die Lage in den Reaktoren nur teilweise unter Kontrolle, es kommt im Umfeld der Anlage immer wieder zu Kontaminationen von Meer, Grundwasser und Boden.

Was war wirklich im Fallout?

Bisher gingen Forscher davon aus, dass der größte Teil des Fukushima-Fallouts aus leichteren, gasförmigen Nukliden bestand. Nach dem Atomunfall wurden radioaktive Isotope der Elemente Xenon, Lithium, Schwefel, Strontium und vor allem von Cäsium nachgewiesen. 2016 jedoch wiesen Forscher nach, dass ein Großteil des radioaktiven Cäsiums nicht als Gas, sondern in Form von glasartigen Mikropartikeln in die Umwelt gelangt ist.

Diese Mikropartikel und ihre genaue Zusammensetzung haben nun Asumi Ochiai von der Universität Kyushu und seine Kollegen genauer untersucht. Für ihre Studie sammelten sie Boden- und Wasserproben aus der Sperrzone rund um das Kraftwerk von Fukushima. Die Probenorte lagen wenige Kilometer von den Reaktoren entfernt.

Mikropartikel enthalten auch Uran

Das Ergebnis: Entgegen bisherigen Annahmen enthalten die radioaktiven Mikropartikel des Fallouts nicht nur relativ kurzlebige Nuklide wie Cäsium. „Wir haben auch Nanofragmente von zwei verschiedenen Uranverbindungen in diesen Mikropartikeln nachgewiesen“, berichten die Forscher. Dabei handelt es sich um 70 Nanometer große Kristalle aus Urandioxid und um 200 Nanometer große, poröse Kristalle aus einer Mischung aus Uran- und Zirkoniumoxiden.

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Das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi am 14. März 2011: Radioaktiver Rauch steigt auf. © Digital Globe

Zwar hat man schon vermutet, dass auch Spuren von Uran im Fallout sein könnten. Doch in welcher Form und wie viel war bisher unbekannt. „Wir beschreiben nun zum ersten Mal die Merkmale der freigesetzten Brennstoff-Nanofragmente im Atommaßstab“, so Ochiai und seine Kollegen. Unsere Ergebnisse dokumentieren, dass diese Mikrotrümmer sowohl in Bezug auf ihre chemischen wie physikalischen Eigenschaften sehr heterogen sind.“

Langlebig und lungengängig

Das Problem dabei: Radioaktives Zirkonium ist ebenso wie Uran extrem langlebig: Die Halbwertszeiten liegen bei Milliarden Jahren, wie die Forscher erklären. Das aber könnte bedeuten, dass die Kontamination der Sperrzone und auch weiter entfernt gelegener Gebiete deutlich länger anhalten könnte als bisher angenommen. Hinzu kommt: Die Mikropartikel sind so klein, dass sie leicht eingeatmet werden können – wenn sie beispielsweise aus dem Boden aufgewirbelt werden.

Die Präsenz von Uran in den Mikropartikeln belegt zudem, dass in Fukushima nicht nur Zerfallsprodukte des Kernbrennstoffs freigesetzt wurden, sondern auch Teile der Brennstäbe selbst. „Die Partikel sind eine Mischung aus geschmolzenem Kernbrennstoff und Reaktormaterialien“, berichten die Forscher. „Sie spiegeln die komplexen thermischen Prozesse wider, die sich im Atomreaktor während der Kernschmelze ereignet haben.“

Hinweise auf Zustand der Reaktorkerne

„Es ist nun dringend nötig, weitere detailliertere Untersuchungen zu den Überresten des Kernbrennstoffs durchzuführen – auch in den Reaktoren selbst und außerhalb der Sperrzone“, betont Koautor Gareth Law von der University of Manchester. Diese Informationen seien nicht zuletzt für die Betreiberfirma Tepco wichtig.

Denn sie liefern weitere Hinweise darauf, in welchem Zustand die geschmolzenen Reaktorkerne in den Anlagen sind. Bisher ist unmöglich, direkte Proben oder Aufnahmen aus den Reaktorkernen zu gewinnen – die Strahlung ist zu hoch. (Environmental Science and Technology, 2018; doi: 10.1021/acs.est.7b06309)

(University of Manchester, 02.03.2018 – NPO)

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