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Umwelt

Deutschlands Nächte werden heller – teilweise

Lichtverschmutzung nimmt fast überall zu - nur in Thüringen wird es dunkler

Satellitenbild Mitteleuropas bei Nacht - fast überall nimmt die Lichtverschmutzung zu © NASA/SVS

Die Lichtverschmutzung in Deutschland nimmt zu – aber nicht überall: Während die Nächte in den meisten Bundesländern seit 2012 deutlich heller wurden, hat sich das nächtliche Streulicht in Thüringen sogar verringert. Ob dies an einer Umrüstung auf LED-Lampen liegt oder tatsächlich eine Abnahme der Beleuchtung widerspiegelt, ist bisher allerdings unklar. Besonders stark zugenommen hat die Lichtverschmutzung dagegen in Bayern und Schleswig-Holstein, wie neue Satellitendaten zeigen.

Der Mensch macht die Nacht zum Tage: Durch die Beleuchtung von Straßen, Gebäuden und Industrieanlagen wird es vielerorts selbst nachts nicht mehr dunkel. 80 Prozent der Menschheit leben dadurch unter einem anomal hellen Nachthimmel. Diese Lichtverschmutzung behindert nicht nur die Himmelsbeobachtung, sie stört auch die innere Uhr von Mensch und Tier. Trotz der negativen Folgen nimmt das nächtliche Streulicht jedoch in den meisten Regionen weiterhin zu, wie Satellitendaten zeigen.

Fast überall werden die Nächte heller

Wie sich die Lichtverschmutzung in Deutschland entwickelt hat, haben nun Christopher Kyba vom deutschen Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) und seine Kollegen ermittelt. Sie werteten dafür Daten eines speziellen Lichtmessgeräts an Bord des Suomi NPP-Wettersatelliten aus. Für die Zeit von 2012 bis 2017 erfassten sie damit sowohl Veränderungen der Helligkeit des nach oben gestreuten Nachtlichts als auch Veränderungen der beleuchteten Fläche in den einzelnen Bundesländern.

Das Ergebnis: In weiten Teilen Deutschlands folgt die Lichtverschmutzung dem weltweiten Trend: Sowohl die beleuchtete Fläche als auch die Intensität des Streulichts haben in den letzten Jahren zugenommen. Besonders drastisch geschah dies in Bayern und Schleswig-Holstein. Dort ist die beleuchtete Fläche seit 2012 um 45 und 40 Prozent gewachsen, die Helligkeit des Streulichts stieg um 35 und 41 Prozent, wie die Forscher berichten.

Veränderungen von beleuchteter Fläche und Helligkeit in den verschiedenen Bundesländern. © Kyba et al./ GFZ

…nur Thüringen wird dunkler

Doch es gibt große regionale Unterschiede: Insbesondere bei der Zunahme der beleuchteten Flächen zeigt sich ein klarer Ost-West-Unterschied. In allen neuen Bundesländern einschließlich Berlins sind die künstlich erhellten Flächen annähernd gleichgeblieben. Hier hat die Lichtverschmutzung im Mittel um weniger als ein Prozent pro Jahr zugenommen, wie Kyba und seine Kollegen ermittelten.

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Besonders auffällig ist dabei ein „dunkler“ Ausreißer: Thüringen. In diesem Bundesland sind die Nächste offenbar sogar dunkler statt heller geworden. „Thüringen unterscheidet sich dramatisch von den restlichen Regionen“, berichten die Forscher. „Hier hat die beleuchtete Fläche um 18 Prozent abgenommen und die Helligkeit um 17 Prozent.

Sind die LED-Lampen schuld?

Was steckt dahinter? Die Zunahme der nächtlichen Beleuchtung in den meisten Teilen Deutschlands führen Kyba und sein Team vor allem auf die vermehrte Nutzung von LED-Leuchten zurück. Diese sind oft heller als die Natrium-Dampflampen älterer Straßenlampen und weil sie weniger Strom verbrauchen, werden oft mehr von ihnen installiert.

Für die Abnahme der Helligkeit in Thüringen haben die Forscher bisher allerdings keine eindeutige Erklärung. Sie können nur spekulieren. „Vielleicht zeigt sich in den Daten, dass die dort nach wie vor häufig verwendeten Natriumdampf-Lampen altern und lichtschwächer werden“, mutmaßt Kyba. Es könne aber auch sein, dass Kommunen in Thüringen konsequenter auf LED umgerüstet haben. Weil deren blaueres Lichtspektrum vom Satellitensensor nur teilweise erfasst wird, könnten solche Gebiete dunkler erscheinen. „Wir brauchen einfach noch mehr Daten“, sagt Kyba.

Straßenbeleuchtung nachts aus?

Er und seine Kollegen betonen jedoch, dass Maßnahmen gegen die zunehmende Lichtverschmutzung sinnvoll und nötig seien. Eine Maßnahme könnte sein, die Straßenbeleuchtung nach Mitternacht zu reduzieren oder sogar ganz auszuschalten. „Angesichts der wenigen Fußgänger und Fahrzeuge, die in vielen kleineren deutschen Orten nach Mitternacht unterwegs sind, sollte man sich schon fragen, ob eine durchgehende Beleuchtung wirklich nötig ist“, so Kyba.

Zumal ein solches zeitweiliges Abschalten keine negativen Auswirkungen zu haben scheint: Wie die Forscher berichten hat eine Studie in Großbritannien ergeben, dass selbst ein völliges Abschalten der Straßenlampen nach Mitternacht weder die Verkehrsunfälle erhöht noch die Kriminalität. (International Journal of Sustainable Lighting, 2018; doi: 10.26607/ijsl.v19i2.79)

(GFZ Potsdam, 26.02.2018 – NPO)

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