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Biologie

Dumbo-Oktopus beim Schlupf „ertappt“

Biologen beobachten und filmen erstmals das Baby eines Tiefsee-Oktopus

Ein frisch geschlüpfter Dumbo-Oktopus: Die großen, Elefantenohren ähnelnden Flossen sind nicht zu übersehen. © Tim Shank (WHOI)/ NOAA OER

Zeugen der Geburt: Zum ersten Mal haben Forscher beobachtet, wie einer der skurrilen Dumbo-Oktopusse aus dem Ei schlüpft. Sie sahen so erstmals, wie die Babys dieser seltenen Tiefsee-Kopffüßer aussehen. Die Dumbo-Oktopusse schlüpfen demnach nicht als Larven wie viele andere Kopffüßer, sondern sind bereits direkt nach dem Schlupf kleine Kopien der ausgewachsenen Tiere. Sie können sofort Beute jagen, ihre Umwelt sehen und mit ihren ohrenähnlichen Flossen schwimmen, wie die Forscher im Fachmagazin „Current Biology“ berichten.

Dumbo-Oktopusse (Grimpoteuthis) sind ebenso skurril wie selten: Die Kopffüßer mit den auffallenden „Segelohren“ am Kopf leben in Wassertiefen von 3.000 bis 4.000 Metern und gehören damit zu den am tiefsten lebenden Oktopussen überhaupt. Meist knapp über dem Meeresboden dahinschwimmend, jagen die Dumbo-Oktopusse nach Krebsen, Muscheln und Meereswürmern. Die ersten Exemplare dieser Kopffüßer haben Biologen erst vor wenigen Jahren im Rahmen des Census of Marine Life entdeckt. Auch einige am Meeresgrund abgelegte Eikapseln dieser Oktopusse wurden bereits gefunden.

Larve oder „Nestflüchter“

Unbekannt aber war bisher, wie die frisch geschlüpften Jungtiere der Dumbo-Oktopusse aussehen. Bei vielen Kopffüßern schlüpfen die Jungtiere als Larven aus dem Ei, die anders aussehen und anders leben als die erwachsenen Stadien. Bei anderen Arten sind die Jungtiere „Nestflüchter“ und schlüpfen bereits als vollentwickelte Kopien der Eltern aus dem Ei. Zu welcher Gruppe die Dumbo-Oktopusse gehören, war jedoch unklar.

Jetzt ist ein glücklicher Zufall den Biologen zu Hilfe gekommen. Bei einer Expedition im Nordwest-Atlantik fanden Elizabeth Shea vom Delaware Museum of Natural History und ihre Kollegen auch eine Oktopus-Eikapsel am Meeresgrund. Mit einem ferngesteuerten Tauchroboter holten sie die Kapsel aus knapp 2.000 Metern Tiefe an Bord ihres Forschungsschiffs. Als die Forscher diese Eikapsel in einem Eimer mit Meerwasser legten und ihn gerade ins Labor bringen wollten, geschah es:

Der Dumbo-Schlüpfling kurz nach dem Verlassen der Eikapsel © Timothy M. Shank/ NOAA OER

Schlupf an Deck

„Noch auf Deck brach die Eikapsel auf und ein Jungtier kam langsam zum Vorschein – zuerst das Hinterende, dann die Flossen und schließlich die Arme“, berichten die Wissenschaftler. Erstmals waren sie damit Zeuge der Geburt eines Dumbo-Oktopus geworden. Schon beim ersten Blick auf das frisch geschlüpfte Jungtier war zu erkennen, dass es sich hier nicht um eine einfache Larve handelte, sondern um einen schon sehr weit entwickelten Oktopus.

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„Er besaß bereits die typische u-förmige Schale, wohlentwickelte Schultern und die parallelen Flügelflossen“, so Shea und ihre Kollegen. Die Biologen nutzten die Chance, um die ersten Schwimmversuche des Baby-Oktopus zwei Stunden lang auf Video aufzuzeichnen. Später untersuchten sie die Anatomie des Jungtiers detailliert mittels Magnetresonanz-Tomografie (MRT).

Wie ein kleiner Erwachsener

Es zeigte sich: Selbst die frisch geschlüpften Dumbo-Oktopusse sind schon weit entwickelt. Unmittelbar nach der Geburt können sie bereits durch das synchrone Schlagen ihrer Flossen schwimmen. Auch ihre Arme mitsamt Saugnäpfen sowie der Verdauungstrakt sind bereits voll ausgebildet, wie die Forscher berichten.

Schwimmt schon wie ein Großer: Der frisch geschlüpfte Dumbo-Oktopus bei seinen ersten Schwimmübungen.© Tim Shank (WHOI)/ NOAA OER

Die MRT-Untersuchungen enthüllten zudem, dass das Dumbo-Baby schon die Sinneshaare besitzt, mit denen diese Kopffüßer ihre Umgebung und ihre Beute chemisch und taktil wahrnehmen. „In Kombination mit der fortgeschrittenen Entwicklung seiner Augen und des Gehirns, sprechen diese morphologischen Merkmale dafür, dass diese Jungtiere schon direkt nach dem Schlupf aus der Eikapsel alle Fähigkeiten besitzen, um ihre Beute sehen, verfolgen und ergreifen zu können“, konstatieren Shea und ihre Kollegen.

Ein im Körper noch vorhandener Rest des Dottersacks hilft dem Jung-Dumbo in den ersten Tagen aber noch dabei, selbst dann zu überleben, wenn es mit dem Beutefang nicht auf Anhieb klappen sollte. (Current Biology, 2018; doi: 10.1016/j.cub.2018.01.032)

(Cell Press, 20.02.2018 – NPO)

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