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Physik

Quantenbits über Stunden gespeichert

Diamant als Quantenspeicher hält Quanteninformation bis zu acht Stunden stabil

Fehlstellen im Diamantgitter, bestehend aus einem Stickstoffatom (geld) und einer Leerstelle (weiß), dienen als Quantenbits. © TU Wien

Vielversprechender Erfolg: Forschern ist es erstmals gelungen, Quanteninformationen über Stunden hinweg zu speichern – statt wie bisher nur Sekundenbruchteile lang. Für ihr Experiment nutzten sie Fehlstellen im Kristallgitter eines Diamanten als Quantenbits. In einem Mikrowellenfeld bei extrem kalten Temperaturen blieben die Quantenzustände dieser Qubits bis zu acht Stunden stabil, wie die Physiker im Fachmagazin „Nature Materials“ berichten. Das könnte bei der Entwicklung künftiger Quantencomputer helfen.

Quantencomputer gelten als vielversprechende Zukunftstechnologie. Denn dank Phänomenen wie der Überlagerung und Verschränkung können die aus Atomen, Ionen oder anderen kleinsten Teilchen bestehenden Quantenbits viele Aufgaben parallel bewältigen. Inzwischen gibt es bereits erste kommerzielle Quantencomputer, zwei Quantenrechner haben sich im Duell gemessen und Forscher haben erstmals Quantensimulatoren mit mehr als 50 Qubits konstruiert – ein neuer Rekord.

Das Problem der instabilen Qubits

Doch ein Problem blieb bisher: Die Überlagerung und Verschränkung der Qubits ist extrem sensibel. Schon kleinste Störungen können diesen Zustand kollabieren lassen und so die darin gespeicherte Quanteninformation zerstören. Selbst mit speziellen Schutzfeldern aus Mikrowellen und bei ultrakalten Temperaturen bricht die Verschränkung oft schon nach Millisekunden wieder zusammen.

Umso spannender ist ein Durchbruch, der Thomas Astner von der Technischen Universität Wien und seinen Kollegen gelungen ist: Sie haben Quanteninformation erstmals über Stunden konserviert. Möglich wurde dies durch ein spezielles Quantensystem auf Basis von Diamanten.

Fehlstellen im Diamant

„Wir verwenden winzige Diamanten, die ganz gezielt mit kleinen Defekten versehen wurden“, erklärt Seniorautor Johannes Majer von der TU Wien. Erreicht wird dies durch eine Bestrahlung des Diamanten mit Elektronen. Dadurch werden an vielen Stellen des Diamantgitters statt des Kohlenstoffs Stickstoffatome mit einer benachbarten Leerstelle eingebaut. Weil diese Gitterfehler oder NV-Zentren verschiedene Zustände einnehmen können, fungieren sie in diesem Quantensystem als Qubits.

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Der Mikrowellen-Resonator mit dem Diamanten in der Mitte © TU Wien

Für das Experiment kühlten die Forscher diesen Spezialdiamanten auf Temperaturen knapp über dem absoluten Nullpunkt herunter. Dann setzten sie das System in einem supraleitenden Resonator einem Mikrowellenfeld aus, das die Spins der Gitterfehler beeinflusste und so die Quanteninformation schreiben und auslesen konnte. Am Energieniveau des Diamanten konnten die Wissenschaftler dabei ablesen, ob und wie lange der Quantenzustand der Qubits erhalten blieb.

Bis zu acht Stunden stabil

Das überraschende Ergebnis: Die Qubits im Diamant blieben über Stunden stabil. Eines der getesteten Diamantsysteme mit besonders vielen Gitterfehlern erreichte sogar eine Quanten-Speicherzeit von acht Stunden, wie die Forscher ermittelten. „Diese wunderbaren Ergebnisse waren für uns anfangs kaum zu glauben“, sagt Majer. Denn damit war dieses Quantensystem sogar stabiler als der Arbeitsspeicher eines gewöhnlichen Computers. „Dort geht die Energie innerhalb von einigen hundert Millisekunden verloren, danach muss die Information neu aufgefrischt werden“, so Majer.

Warum die Diamant-Qubits so stabil bleiben, haben die Forscher mithilfe von Computersimulationen untersucht. Dabei zeigte sich: Das besonders steife Kristallgitter des Diamants spielt dafür offenbar eine entscheidende Rolle. „Während in anderen Materialien Gitterschwingungen relativ rasch dazu führen könnten, dass die gespeicherte Information verloren geht, ist die Kopplung der Quanteninformation an die Gitterschwingungen im Diamanten recht gering, und die Energie kann über Stunden gespeichert werden“, erklärt Astner. (Nature Materials, 2018; doi: 10.1038/s41563-017-0008-y)

(Technische Universität Wien, 14.02.2018 – NPO)

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