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Genetik

Rätsel der Männlichkeit doch nicht gelöst?

"Übersehene“ Genbereiche auf dem Y-Chromosom isoliert

Y-Chromosom (rechts) und X-Chromosom (links) 10.000fach vergrößert © Universitätsklinikum Heidelberg

Das männliche Geschlechtschromosom, das so genannte Y-Chromosom, ist größer als bislang angenommen. Wissenschaftler des Humangenetischen Instituts am Universitätsklinikum Heidelberg haben einen neuen Bereich mit mehreren potentiellen Genen entdeckt. Diese bestimmen möglicherweise das Längenwachstum von Jungen und sind an der Entstehung eines Gonadentumors, des Gonadoblastoms beteiligt. Das Y-Chromosom kommt nur bei Männern vor – im Vergleich zum X-Chromosom, das bei Frauen doppelt und bei Männern einfach vorliegt.

Eigentlich galt das genetische Rätsel des Y-Chromosoms als gelöst: Im Juni 2003 gaben amerikanische Wissenschaftler aus Boston bekannt, dass sie den gesamten genetischen Code des Y-Chromosoms entschlüsselt hätten und veröffentlichten seine Basensequenz. Mit 78 Genen aus rund 23 Millionen Basenpaaren ist das männliche Chromosom eher spärlich ausgestattet.

Nach akribischen Klonierungs- und Sequenzierungsarbeiten stellten die Heidelberger Wissenschaftler jedoch – zu ihrer eigenen Überraschung – fest, dass bislang ein Teil des aktiven Genmaterials auf dem Y-Chromosom schlichtweg übersehen wurde. Dort wo die Chromosomenarme sich verengen, im Bereich des so genannten Zentromers, fanden die Heidelberger Wissenschaftler genetisches Material von etwa 500 Kilobasen Umfang mit insgesamt acht möglichen Genen.

Neue Gensequenzen kommen auch auf anderen Chromosomen vor

„Noch überraschender war für uns die Tatsache, dass ein Grossteil dieser Sequenzen nicht allein auf dem Y Chromosom liegt, sondern mit einer Übereinstimmung von 95 bis 99 Prozent auch auf den Chromosomen 1 bis 4, 9 bis 11, 14 bis 16 und 22 vorkommen“, erklärt Frau Professor Rappold, die die Abteilung für Molekulare Humangenetik am Heidelberger Klinikum leitet. Diese außergewöhnliche Ähnlichkeit wird einer „segmentalen Duplikation“ zugeschrieben, einem Mechanismus zur Vervielfachung von Genen im Laufe der Evolution.

Die vorliegende Studie reiht sich ein in die langjährigen Untersuchungen der Arbeitsgruppe Y-spezifischer Merkmale. In der betreffenden Region wird eine Locus (Genort) für Körpergröße und Gonadentumor angenommen. Die jetzt fehlende Sequenz mit acht potentiellen Genen erlauben nun eine genaue Analyse dieser Merkmale, mit der sich die Heidelberger Wissenschaftler in den kommenden Monaten beschäftigen werden.

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Die Forscher unter der Federführung von Professor Gudrun Rappold berichten über ihre Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Genome Research“.

(idw – Universitätsklinikum Heidelberg, 19.01.2005 – DLO)

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