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Geowissen

Käfer bringt Kröte zum Kotzen

Bombardierkäfer überlebt dank "Chemiewaffe" selbst das Verschlucktwerden

Nicht amüsiert: Wenn diese Japan-Kröte einen Bombardierkäfer verschluckt, dann droht ihr heftiges Erbrechen – und der Käfer entkommt. © Yasunori Koide/ CC-by-sa 4.0

Skurrile Fluchtstrategie: Der Bombardierkäfer kann sich sogar aus dem Bauch von Kröten retten. Nachdem er verschuckt wurde, schießt er sein heißes, ätzendes Abwehrsekret in den Eingeweiden der Kröte ab – und zwingt sie so zum Erbrechen. Ziemlich verschleimt, aber unbeschadet gelangt der Käfer dadurch wieder ans Tageslicht, wie Forscher im Fachmagazin „Biology Letters“ berichten. Der Käfer kann dabei erstaunlich lange im Krötenbauch überleben.

Die zu den Laufkäfern gehörenden Bombardierkäfer sind für ihre eindrucksvolle chemische Verteidigung bekannt: Fühlen sie sich bedroht, schießen sie ihrem Angreifer einen heißen und ätzenden Giftcocktail entgegen. Das bis zu 100 Grad heiße Gebräu entsteht durch eine heftige chemische Reaktion zweier Komponenten, die der Käfer erst unmittelbar vor dem „Schuss“ zusammenmischt. Eine bewegliche Auslassdüse und mehrere Ventile sorgen dafür, dass der Käfer seinen Abwehrstrahl in verschiedene Richtungen zielen und sogar die Sprühweite regulieren kann.

Flucht durch Erbrechen

Doch wie sich jetzt zeigt, ist dieses Abwehrsekret sogar dann noch nützlich, wenn der Käfer bereits von einer Kröte verschluckt wurde. Entdeckt haben dies Shinji Sugiura und Takuya Sato von der Kobe Universität per Zufall, als sie die Abwehrkünste des Bombardierkäfers Pheropsophus jessoensis untersuchten.

Kurz nachdem eine der Kröten den Käfer verschlungen hatte, geschah Seltsames: Die Kröte übergab sich und aus dem ausgeworfenen Schleim krabbelte putzmunter ein verschleimter, aber lebendiger Käfer heraus. „Der erbrochene Käfer war noch immer lebendig und aktiv“, berichten die Forscher. „Eine solche erfolgreiche Flucht aus dem Inneren einer Kröte ist bisher noch von keinem anderen Käfer beobachtet worden.“

Ein Bombardierkäfer bringt eine Kröte zum Kotzen© Science Magazine

Explosion im Krötenbauch

Doch war dies nur ein glücklicher Zufall – oder hatte der Bombardierkäfer seine Flucht aktiv in die Wege geleitet? Um das zu testen, haben die Biologen nun systematische Versuche durchgeführt. Dabei gaben sie mehreren Honshu-Kröten (Bufo torrenticula) und Japan-Kröten (Bufo japonicus) jeweils einen Bombardierkäfer zu fressen und warteten ab. Zunächst schien alles normal, doch dann passierte es:

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„Es war eine Explosion im Inneren der Kröten zu hören, die darauf hindeutete, dass der Bombardierkäfer sein Abwehrspray abgeschossen hatte“, berichten die Wissenschaftler. Zwölf bis 107 Minuten später erfolgte die Reaktion der Kröten: Zwischen einem Drittel und gut der Hälfte von ihnen erbrachen sich und spien dabei auch den Käfer wieder aus.

Eine Dreiviertelstunde im Verdauungssaft

Der Bombardierkäfer gehört damit zu den wenigen Tierarten, die noch aus dem Verdauungstrakt ihres Fressfeinds wieder entkommen können, wie die Forscher erklären. Je größer der Käfer dabei ist, desto häufiger gelingt es ihm, bei der Kröte ein Erbrechen zu provozieren. Umgekehrt scheinen kleinere Kröten dafür anfälliger zu sein als große.

Wirkt eher harmlos, hat aber mächtige chemische Waffen: der Bombardierkäfer Pheropsophus jessoensis. © Osaka Prefecture University

Spannend ist aber auch: Der Käfer wird oft erst nach etwa einer Dreiviertelstunde ausgespien. Das bedeutet, dass er die ätzenden Verdauungssekrete im Krötenmagen relativ lange überleben muss. Sugiura und Sato vermuten, dass die Bombardierkäfer eine besonders hohe Toleranz gegenüber diesen Sekreten entwickelt haben. Gleichzeitig könnte aber auch sein Abwehrspray dazu beitragen, die Enzyme und Chemikalien im Verdauungssaft abzuschwächen.

Auch noch bei anderen Tieren?

Möglicherweise ist der Bombardierkäfer nicht der einzige, der eine solche Kombination aus raffinierter Fluchtstrategie und Überlebensfähigkeit entwickelt hat. „Viele Tierarten produzieren chemische Abwehrmittel gegen Prädatoren. Es ist daher wahrscheinlich, dass dieses Fluchtverhalten und diese Toleranz auch bei anderen giftigen Tieren vorkommt“, so die Biologen. (Royal Society Biology Letters, 2018; doi: 10.1098/rsbl.2017.0647)

(Royal Society, 07.02.2018 – NPO)

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